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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 239)

Als die Lust am lllustriren wieder erwachte, im vorigen Jahrhundert, 
bediente man sich nur des Stiches und der Radirung. Es kam ein ganz 
neues Genre auf, kleine, oft winzige, zierliche und charakteristische Bilder 
zu Werken früherer Literaturperioden und der Gegenwart, die in dem- 
selben Verhältnisse zu den großen, anspruchsvollen, theatralischen Kupfern 
der nächsten Vergangenheit standen wie der allgemeine und künstlerischer 
Charakter der Zeit Ludwigs XV. zu der seines Vorgängers auf dem 
Throne. ln Frankreich verlegte sich eine Menge sehr geschickter Zeichner 
und Stecher auf dieses Fach, wie Gravelot, Eisen etc.; in Deutsch- 
land überragte Chodowiecki alle Anderen. Und bis um die Mitte 
unseres Jahrhunderts behauptete leider nicht der Kupferstich, sondern 
sein missrathener Sohn, der Stahlstich, das Feld, obgleich längst wieder 
der Holzschnitt zu neuem Leben erweckt worden war. 
England hatte den harten, blanken Stahlstich in die Mode gebracht; 
einem Engländer, Thomas Bewick, danken wir auch die Rehabilitirung 
der Holzschneidekunst. Freilich stand auch er unter dem Banne des 
damaligen Geschmackes und nöthigte die Xylographie zum Wettstreite 
mit dem Stahlstiche; und diese Richtung ist lange Zeit nicht allein für 
seine Heimat, sondern auch für Deutschland maßgebend geblieben. Aber 
er hat wenigstens den Glauben an die Leistungsfähigkeit des Holzschnittes 
wieder hervorgerufen, ihm seinen Platz als lllustrationsmittel wieder 
erworben. Schüchterner und mit geringerem Erfolge traten gegen Ende 
des vorigen Jahrhunderts parallel gehende Bestrebungen in Deutschland 
auf, und man kann es dem Publicum nicht verargen, wenn es die 
Schnitte von Unger und Gubitz nicht als ebenbürtig den Stichen und 
Radirungen anerkennen wollte, mit welchen damals Alrnanache, Romane 
und Gedichte ausgestattet wurden. Die Romantiker begrüßten die Ver- 
suche, wie jede Anknüpfung an das, was man damals altdeutsch nannte, 
und auch Goethe hatte Worte warmer Anerkennung für die ersten 
Arbeiten von Gubitz, der damals noch Student der Theologie in 
Leipzig war. Wir haben die Blätter aus den Jahren 1802 und 1803 nicht 
zur Hand, brauchen aber nur auf Holzstöcke hinzuweisen, die zehn Jahre 
später entstanden, z. B. auf die Titelvignette zu Achim v. Arnim's Lust- 
spielen, um deutlich zu machen, bis zu welchem Grade die Erinnerung 
an die große Zeit der Holzschneidekunst sogar bei Kunstfreunden ver- 
blasst war. Gubitz ist auch künstlerisch und technisch stets auf einer 
niederen Stufe geblieben, doch sein Verdienst um die neuerliche Popu- 
larisirung dieses Kunstzweiges dürfen wir nicht gering anschlagen. Durch 
die Herausgabe von Volksbtichern, Volkskalendern und anderen Schriften 
mit zahlreichen Holzschnitten hat er späteren Bestrebungen den Weg 
geebnet, gefördert allerdings durch vielseitiges Entgegenkommen, dessen 
sich der Oesterreicher Blasius Hö f el leider nicht zu erfreuen hatte. 
Für salonfähig hielten übrigens selbst die Freunde und Förderer des 
Holzschnittes diesen noch keineswegs. Die früher erwähnten Untemeh-
	        
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