Als die Lust am lllustriren wieder erwachte, im vorigen Jahrhundert,
bediente man sich nur des Stiches und der Radirung. Es kam ein ganz
neues Genre auf, kleine, oft winzige, zierliche und charakteristische Bilder
zu Werken früherer Literaturperioden und der Gegenwart, die in dem-
selben Verhältnisse zu den großen, anspruchsvollen, theatralischen Kupfern
der nächsten Vergangenheit standen wie der allgemeine und künstlerischer
Charakter der Zeit Ludwigs XV. zu der seines Vorgängers auf dem
Throne. ln Frankreich verlegte sich eine Menge sehr geschickter Zeichner
und Stecher auf dieses Fach, wie Gravelot, Eisen etc.; in Deutsch-
land überragte Chodowiecki alle Anderen. Und bis um die Mitte
unseres Jahrhunderts behauptete leider nicht der Kupferstich, sondern
sein missrathener Sohn, der Stahlstich, das Feld, obgleich längst wieder
der Holzschnitt zu neuem Leben erweckt worden war.
England hatte den harten, blanken Stahlstich in die Mode gebracht;
einem Engländer, Thomas Bewick, danken wir auch die Rehabilitirung
der Holzschneidekunst. Freilich stand auch er unter dem Banne des
damaligen Geschmackes und nöthigte die Xylographie zum Wettstreite
mit dem Stahlstiche; und diese Richtung ist lange Zeit nicht allein für
seine Heimat, sondern auch für Deutschland maßgebend geblieben. Aber
er hat wenigstens den Glauben an die Leistungsfähigkeit des Holzschnittes
wieder hervorgerufen, ihm seinen Platz als lllustrationsmittel wieder
erworben. Schüchterner und mit geringerem Erfolge traten gegen Ende
des vorigen Jahrhunderts parallel gehende Bestrebungen in Deutschland
auf, und man kann es dem Publicum nicht verargen, wenn es die
Schnitte von Unger und Gubitz nicht als ebenbürtig den Stichen und
Radirungen anerkennen wollte, mit welchen damals Alrnanache, Romane
und Gedichte ausgestattet wurden. Die Romantiker begrüßten die Ver-
suche, wie jede Anknüpfung an das, was man damals altdeutsch nannte,
und auch Goethe hatte Worte warmer Anerkennung für die ersten
Arbeiten von Gubitz, der damals noch Student der Theologie in
Leipzig war. Wir haben die Blätter aus den Jahren 1802 und 1803 nicht
zur Hand, brauchen aber nur auf Holzstöcke hinzuweisen, die zehn Jahre
später entstanden, z. B. auf die Titelvignette zu Achim v. Arnim's Lust-
spielen, um deutlich zu machen, bis zu welchem Grade die Erinnerung
an die große Zeit der Holzschneidekunst sogar bei Kunstfreunden ver-
blasst war. Gubitz ist auch künstlerisch und technisch stets auf einer
niederen Stufe geblieben, doch sein Verdienst um die neuerliche Popu-
larisirung dieses Kunstzweiges dürfen wir nicht gering anschlagen. Durch
die Herausgabe von Volksbtichern, Volkskalendern und anderen Schriften
mit zahlreichen Holzschnitten hat er späteren Bestrebungen den Weg
geebnet, gefördert allerdings durch vielseitiges Entgegenkommen, dessen
sich der Oesterreicher Blasius Hö f el leider nicht zu erfreuen hatte.
Für salonfähig hielten übrigens selbst die Freunde und Förderer des
Holzschnittes diesen noch keineswegs. Die früher erwähnten Untemeh-