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mungen des Engländers Knight etc. zeigen ja noch, dass man an ihm
vorzugsweise die Wohlfeilheit und die Verständlichkeit für die große
Menge schätzte. So wurde auch der deutsche Meister, an dessen Namen
vor Allem sich die Erinnerung an die zweite Blüthe der deutschen Holz-
schneidekunst und an die beste Zeit des neueren Illustrationswesens
knüpft, Ludwig Richter, der Thätigkeit auf diesem Gebiete zugeführt
durch eine 1838 begonnene neue Ausgabe von Volksbüchern, und seine
Zeichnungen zu Musäurf Volksinärchen wie die etwa gleichzeitigen Adolf
Menzel's zur Geschichte Friedrich's des Großen dürfen als diejenigen
Werke betrachtet werden, welche dem Holzschnitte den Zutritt in die
Gesellschaft erzwungen. In Frankreich hatte man inzwischen der Sache
bereits eine andere Seite abgewonnen. Es wurden Prachtausgaben alter
beliebter Romane, wie Don Quixote, Gil Blas. der hinkende Teufel und
dergleichen, veranstaltet, wozu geschickte Manieristen, vornehmlich Tony
Johannot, Zeichnungen lieferten. Damit t-rat zu der englischen Stahl-
stichmanier und der deutschen, sich mehr und mehr der Weise des
XVI. Jahrhunderts nähernden eine dritte Richtung auf den Plan: der
Holzschnitt wurde genöthigt, Hotte, flüchtige, einen gewissen farbigen
Eifect erstrebende Federskizzen in seine Technik zu übersetzen. So weit
zurück liegen die Anfänge einer Tendenz, welcheendlich in Gustave
Dore ihren rücksichtslosesten Vertreter fand und die Kunst allmälig
gänzlich von ihrem natürlichen Boden verdrängte. Die strenge Zeichnung
trat in den Hintergrund, der Holzschneider sollte zum Maler werden,
welcher durch Licht- und Schattenmassen und Halbtöne coloristische
Wirkung hervorbringt. In dieser Beziehung wurden nun an den Holz-
schneider viel größere Anforderungen gestellt, er musste viel selbststän-
diger vorgehen als die früheren, welchen jeder Strich auf dem I-Iolzstock
vorgezeichnet war, und das Verhältniss wird noch verschärft durch die
immer allgemeiner werdende Sitte, das zu schneidende Bild auf das Holz
durch Photographie zu übertragen. In der That sind denn auch in der
Technik des Schnittes große Fortschritte gemacht, ist hierin eine Vir-
tuosität erreicht, wie nie zuvor. Indessen hat dabei der Holzschnitt nicht
nur seinen ursprünglichen Charakter eingebüßt, das natürliche Verhältniss
zwischen Zeichner und Schneider ist verschoben, der letztere prägt jetzt
in dem Werke seine Individualität aus, und die Schnitte, welche aus
einer Hand hervorgehen, müssen nothwendigerweise einen gemeinsamen
Typus erhalten, gleichviel wer die Vorzeichnung geliefert hat. Anderer-
seits erscheint es nun vielen Zeichnern als ganz überflüssig, bei ihren
Entwürfen die Natur des Materiales und der Technik in Betracht zu
ziehen; mag der Schneider sehen, wie er damit zurecht kommt. Dass
hiedurch die Holzschnitt-Illustration der Gegenwart - mit Ausnahmen
natürlich! - etwas Charakterloses im Vergleiche mit jener vor drei-
hundert und jener vor dreißig Jahren bekommen hat, darüber kann die
blendende Technik nicht hinwegtäuschen. Uebrigens ist, wie Jbereits