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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 239)

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über den Sarkophagen der christlichen Kaiserzeit stehend mit ihren 
gehäuften, großen und kleinen, aller künstlerischen Anordnung spotten- 
den Figuren. Die Knabengestalten sind anmuthig gebildet und bewegt, 
die Haltung ausdrucksvoll, nur die Köpfe leer und schematisch. Was 
aber diesem Sarkophage noch ein besonderes Interesse verleiht, das ist 
die Behandlung des Marmors, welcher überall glänzend polirt erscheint. 
Und dies ist wohl hauptsächlich der Grund gewesen, dass sich die Ober- 
Bäche so vortreflich erhalten hat wie aus der Hand des Bildhauers und 
nirgends zerfressen ist. Unter der Kruste von Erde und Sand, welche die 
meisten Figuren bedeckt, ist die glatte Fläche leicht herzustellen. Es ist 
ein lehrreicher Umstand für unsere Bildhauer, zumal in dem neu ent- 
fachten Streite über die Marmorwerke im Freien und ihre Dauerharkeit, 
ein Umstand, der wiederum für die Glättung des Materiales spricht, 
hier des Marmors wie sonst des Erzes. 
Eine Reihe anderer Marmorwerke stehen dem Sarkophag zur Seite, 
Fragmente von Figuren, die, wie das leider gewöhnlich ist, Köpfe und 
Arme und FüBe verloren haben und nur mit ihrer Gewandung oder 
einem T heile der Brust Zeugniss von ihrer Kunst ablegen. Unter ihnen 
befindet sich ein zierlich ausgearbeiteter Aesculap, dann ein merkwürdiges 
Doppelrelief, mit einer Darstellung auf beiden Seiten, auf der einen 
Helios auf dem Sonnenwagen, auf der anderen Aphrodite Pandemos, 
welcher allerlei Opfer dargebracht werden, auch archäologisch ein Werk 
von großem Interesse; dann verschiedene Grabstelen, zum Theile mit 
lnschriften, zum Theile mit Figuren, die, wenn auch nur von hand- 
werksmäßiger Geschicklichkeit, doch lehren, wie geschmackvoll und 
anmuthig sich so ein Figürchen in den Raum hineinstellen lässt; dann 
ein paar Hände, eine colossal, die andere von natürlicher Größe, beide 
von ganz vortreiflicher Durchbildung, und Anderes mehr. 
Reicher an Zahl, wenn auch kleiner an Gestalt, treten der Marmor- 
sculptur die Terracotten zur Seite, Figuren wie Gefäße. Jene, die 
kleinen Terracottafiguren, haben seit einigen Jahren die Blicke der ganzen 
kunstgebildeten Welt auf sich gelenkt, seitdem die Gräber von Tanagra 
eröffnet wurden. Ueber diesen Tanagräern hat man fast vergessen, dass 
man ihresgleichen auch anderswo gefunden hat, in Klein-Asien, Cypern, 
Athen, Sicilieu u. s. w., wenn dieselben auch selten denen der böotischen 
Stadt an Anmuth, Liebenswürdigkeit und Natürlichkeit gleichkommen. 
Eine ganze Reihe dieser reizenden Miniaturschöpfungen der Kunst zeigt 
die Ausstellung des Grafen Lanckoronski, echte Tanagräer, wie insbe- 
sondere auch Srnyrnioten und Aegyneten; schon lange war die Gegend 
von Smyrna eine Fundstätte, Da sitzt ein zierliches Schulmädchen mit 
ihrer Mappe wie auf einem Sopha, da reitet ein anderes auf einem Pfau, 
da ist eine reizende Nike mit ausgebreiteten Flügeln, da sitzt eine alte 
Wärterin und gibt einem Kinde aus der Flasche zu trinken, da sind 
Genrefiguren, derb, alt und verrunzelt, volksmäßig nach Holländer Art, 
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