lung genannt, und es bleiben dann noch in zweiter Linie die Buchbinder-
arbeiten, die Textilindustrie, die vervielfältigenden Künste sowie ein und
die andere Specialität, auf die wir im Verlaufe unserer Ausführungen
noch hinzuweisen haben. Abseits und unabhängig von der mächtig empor-
blühenden Hauptstadt hat sich aber noch eine keramische Industrie ent-
wickelt, auf welche das Land vollstes Recht hat stolz zu sein: ich
meine die Majolikafabrication von Fünfkirchen, die ihren Weltruf einzig
und allein den Kenntnissen und der Energie ihres hochbegabten Leiters
verdankt.
Will man aber im Ganzen beurtheilen, welche Fortschritte Ungarn
in Bezug auf den guten Geschmack gemacht hat, so muss man sich das
Gesammtbild der ungarischen Kunst und Kunstindustrie auf der Wiener
Weltausstellung im Jahre 1873 in's Gedächtniss zurückrufen und dem
alles das entgegenhalten, was die Hauptstadt heute an prachtvollen und
mustergiltigen Bauten, _an geschmackvollen Anlagen und großstädtischer
Eleganz dem Besucher bietet. Ein offener Sinn für das Harmonische und
in der Gesammtheit Wirksame tritt auch auf dem Ausstellungsplatze
selbst deutlich zu Tage, wo eine ganze Reihe wohlgelungener Architek-
turen sich zu einem hübschen Ensemble vereinigt. Was speciell die
Pester Architekten in jüngster Zeit gelernt haben, das ist das Verzichten
auf unnöthigen Aufputz und unedle, blos theatralische Wirkungen. Diesem
Vorwurf haben sie sich vor Kurzem noch vielfach ausgesetzt und die
Vorliebe der Magyaren für eitlen Prunk hat sie bei solchem Beginnen
nur noch mehr bestärkt. Aber wie gesagt, diese Richtung ist im Interesse
einer ernsten Kunstentwickelung auf vielen Punkten einer besseren Ein-
sicht gewichen und es musste dem aufmerksamen Besucher der Ausstellung
auffallen, verhältnissmäßig wenig dergleichen zu finden.
Naturgemäß ist es in erster Linie die Möbelfabrication, aufwelche ver-
schiedenePesterArchitekten und Professoren der Kunstgewerbeschule erfreu-
lichen Einfluss genommen. Da ist freilich auch manches Stück und manches
Appartement, das eigens für die Ausstellung gearbeitet wurde und daher
keinen Maßstab für Beurtheilung der Möbelindustrie im Allgemeinen
abgeben kann, aber bekanntlich ist es für den Industriellen sowohl, wie
für das Publicum immer von Nutzen gewesen, wenn solche Dinge über-
haupt angefertigt wurden, vorausgesetzt, dass dem Producenten dabei
nicht allzugroße Geldopfer auferlegt worden sind. Die Möbel finden sich,
wie es bei den Ausstellungen der letzten Jahre üblich geworden ist, in
einzelnen geschmackvoll decorirten Appartements zusammengestellt, eine
Art der Ausstellung, die jedenfalls viel für sich hätte, würde man nicht
so oft in den Fehler verfallen, den einzelnen Abtheilungen alles directe
Licht zu entziehen, wie es leider auch hier geschehen ist. -- Wir können
im Großen und Ganzen diese Zimmereinrichtungen in zwei Gruppen
scheiden: in eine solche, in welcher sich die Anlehnung an den modernen
Geschmack, speciell an die Wiener Vorbilder zu erkennen gibt, und in eine