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Volltext: "Das befreite Handwerk", Geschmack und Wohnkultur

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Nur daß solche Kälte im Stil sich auf die Dauer als mit 
dem heiteren Barock-Naturell der Wiener unvereinbar er 
weisen mußte und daß manche in Wien schon seit urdenk- 
licher Zeit beheimatete und hier meisterhaft beherrschte 
Handwerkstechniken allmählich in Vergessenheit und Ver 
fall gerieten, was auch vom wirtschaftlichen und sozialen 
Standpunkte aus höchst bedauerlich ist. 
Doch machen sich in letzter Zeit Anzeichen geltend, daß 
das Extrem der Nüchternheit sich zu mildern beginnt und 
daß sich — bildlich gesprochen — der Pendel von seiner 
extremen wieder der normalen Lage zuneigt. Man sucht 
wieder Dekore und Ruhepunkte für das Äuge. Nicht mit 
Unrecht wird bereits ein Rokoko der Moderne prophezeit. 
Die vorjährige Ausstellung „Raum und Mode“, die von 
einigen Zweigen unseres Kunstgewerbes mit dem Gewerbe 
förderungsinstitute durchgeführt wurde, spricht für diese 
Auffassung. 
Unterdessen haben sich die in der Kunstgewerbesektion des 
Wiener Gewerbegenossenschaftsverbandes vereinigten Kunst 
handwerker in mutiger Lebensbejahung der Bewegung zu 
gewandt und treiben sie mit aller Willenskraft nach vor 
wärts. Daß sie dabei auf dem richtigen Wege sind, bürgt 
die Führung von Oberbaurat Professor Dr. Josef H o f f - 
mann, durch den Wien schon wiederholt in den Mittel 
punkt künstlerischer Erneuerung gerückt wurde. Kaum je 
mals aber war Wien, die Stadt der Formen- und Farben 
freude, berufener, dem Kunstgewerbe wieder neue Wege 
zu eröffnen. 
Mit der Ausstellung „Das befreite Handwerk“ soll nun 
erstmalig die große Oeffentlichkeit über die Ziele dieser 
Bewegung aufgeklärt werden. Schon der Ausstellungstitel 
weist auf eine Bewegung hin, die mit der Herrschaft einer 
bisherigen Kunstrichtung brechen will. Veranstalter ist die 
rührige Kunstgewerbesektion des Wiener Gewerbegenossen 
schaftsverbandes, die bei den Vorarbeiten von dem Aus- 
stellungs- und Kunstgewerbereferate des mir unterstellten 
Gewerbeförderungsinstitutes der Wiener Handelskammer 
werktätigst unterstützt wurde. Betrachtet es doch das In 
stitut seit seiner Gründung als eine seiner vornehmlichsten 
Aufgaben, die heimischen Handwerker für Arbeiten zu 
gewinnen, welche den Stempel der Qualität an sich tragen.
	        
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