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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 241)

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andere, in welcher das Streben zu Tage tritt, nationale Motive zur Geltung 
zu bringen. Der ersten Gruppe gehört die überwiegende Mehrzahl der 
Möbel an und zwar finden wir hier der Renaissance, gegenüber dem Barock 
und Rococostyl, den Vorzug gegeben. Eine hervorragende und wahrhaft 
mustergiltige Leistung ist hier ein Schlafzimmer mit reizendem Erker- 
Ausbau, entworfen von dem Architekten und Professor der Kunstgewerbe- 
schule Schickedanz in Pest und ausgeführt von J. König daselbst. Die Wände 
bedeckt bis zu halber Höhe eine schöngegliederte, mit zartem lntarsia- 
ornamente verzierte Wandvertäfelung, welche von einer reich proülirten 
Thür unterbrochen wird. Sämmtliche Möbel sind aus edlen, in ihren 
Farben ungemein harmonisch zusammenstimmenden Hölzern mit tadel-' 
loser Exactheit ausgeführt, und es wäre nur zu wünschen, dass ein 
Kunsttischler, der solches zu leisten im Stande ist, auch dementsprechende 
Aufträge erhalte. Ein zweites Zimmer, das ebenfalls von diesem jungen 
talentvollen Architekten entworfen ist, kann zwar nicht als ebenso 
gelungen bezeichnet werden, wie das vorher erwähnte, da hier das 
Streben nach Originalität zu nicht genügend motivirten Detailformen 
verleitet hat, zählt aber trotzdem zu den besten lnterieurs der Aus- 
stellung. Hieher gehört auch ein vom Architekten Professor Uhl in Pest 
entworfenes Speisezimmer, das, für ein altes Schloss bestimmt, verhält- 
nissmäßig einfach und sehr stimmungsvoll componirt ist. Ein anderes 
Speisezimmer von Dösa Festverek in Pest, mit durchwegs chinesischen 
Motiven, verdient wegen seiner mühevollen und exacten Ausführung volle 
Anerkennung. Eine Ungeheuerlichkeit dagegen, die ihresgleichen auf der 
Ausstellung wenig hat, ist das Speisezimmer des Pester Tischlers Paal 
Gergely, entworfen von einem Herrn Brockhammer; Sopha, Credenz und 
Spiegel werden von je zwei regelrechten Thürmen Hankirt, die sich in 
drei bis vier Geschossen aufbauen und von einer reichen Bedachung 
bekrönt werden. - Dass man es auch in Pest für zweckmäßig findet, 
Thürfüllungen an Schränken mit Butzenscheiben zu versehen, darf Nie- 
manden wundern, nachdem der Westen an diesem Widersinn schon seit 
Jahren so großen Gefallen findet. 
in gewisser Beziehung interessanter ist die zweite Gruppe der 
Möbel, jene mit nationalen Motiven. Inwieweit hier das Eine oder Andere 
mehr oder weniger gelungen ist, das hängt natürlich von dem Geschick 
des betreffenden Künstlers ab. Von wesentlicher Bedeutung ist hier aber 
nicht die Einzelerscheinuug, sondern das Princip, die Frage, soll die 
ungarische Kunstindustrie sich auf nationaler Basis, und zwar auf natio- 
naler Basis im weitesten Sinne genommen, denn die ungarischen Slaven 
sind an solchen Motiven viel reicher wie die Magyaren, weiter zu ent- 
wickeln trachten, oder soll sie dieselbe blos als willkommene Beigabe 
ansehen, die ab und zu am rechten Orte Verwendung finden kann? _ 
Um mit den nationalen Motiven bekannt zu werden, müssen die Künstler 
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