allein schaffenden Handwerk darin, dass sie bei gleichem Materiale und
nicht viel größeren Arbeitskosten den Werth des Productes um das Zehn-
fache erhöht. Bei diesem Bestreben galt es vor Allem, an die bisher
gepflogene Technik anzuknüpfen, der Industrie nichts im Wesen Fremdes,
vom Grund an Verschiedenes einzuimpfen. Wie die Verwendung des
starken Zwirnfadens wesentlich den Styl der Hotzenplotzer Spitze bedingt
hatte, so musste auch jetzt an möglichst reinen geometrischen Formen
festgehalten werden. Die erste Bedingung einer industriellen Unternehmung,
sofern sie sich auf dem Markte Geltung verschaffen will, ist das Fest-
halten an einer gewissen Eigenart. Verlangen wir ja doch selbst von
einzelnen Firmen, mögen sie der keramischen, der Metallwaarenbranche,
der textilen oder der Glasindustrie angehören, dass ihre Erzeugnisse ein
bestimmtes individuelles Gepräge zeigen, welches sie von denen anderer
unterscheidet. Darauf beruht nicht in letzter Linie das Renommee unserer
großen Kunstindustriellen. Wenn eine Firma, deren Bemühungen auf
nichts Anderes, als auf die Herstellung möglichst getreuer Nach-
ahmungen von Producten ihrer Concurrenten gerichtet ist, sich keinen
gesicherten Posten auf dem Weltmarkte wird erwerben können, so wird
dies umsoweniger einer Industrie gelingen, deren Betrieb in den Händen
Vieler liegt, von Leuten, welche die Bedürfnisse des Marktes nicht kennen,
seinen Fluctuationen nicht im Stande sind nachzugehen. Die Hotzenplotzer
Spitzenindustrie hätte sehr wenig Aussicht, einmal aus ihrer bisherigen
Beschränkung heraustreten zu können, wollte sie etwa den Erzgebirgs-
spitzen oder den französischen nacheifern. Ihren Traditionen treu, griff
man daher zu jenen Spitzensorten, welche das klare geometrische Dessin
zu höchster künstlerischer Vollendung verwerthet zeigen, zu den alt-
venezianischen des t7. Jahrhunderts und den niederländischen Guipuren,
jenen prachtvollen Formen, wie sie Jedermann schon in den Gemälden
niederländischer Meister bewundert hat. Aus sternförrnigen, r0setten-
artigen Mustern bestehend, die sich scharf von dem Netzgrunde abheben,
oder in gebrochenen Linien zu schwungvollen Rankenwindungen sich
zusammensetzend, sind die beiden genannten Spitzensorten unstreitig die
schönsten von allen und im Vergleiche zu den capriciösen, formlosen,
wildverworrenen, wenn auch mit stupender Geschicklichkeit gearbeiteten
Spitzen des 18. Jahrhunderts diejenigen, welche für die neuere Kunst-
industrie immer mehr vorherrschend werden. Die von Dr. Hartig an
Ort und Stelle eingezogenen Erkundigungen führten bald zu einem
praktischen Resultate. Die schlesische Kammer beschloss im Einvernehmen
mit der Gemeindevertretung von l-Iotzenplotz eine Anzahl der geschick-
testen Spitzenklöpplerinnen zu einem Unterrichtscurse, unter der Leitung
einer erprobten Lehrerin zu vereinigen, welche in der Person der Vor-
steherin einer Wiener Spitzenschule, Frau Josefine Sigris, gewonnen
wurde. Die Gemeinde stellte das Unterrichtslocale unentgeltlich zur Ver-
fügung und fügte der von der Kammer für die Kosten des Unterrichtes,