Franzosen theilt, haben ihn nach und nach nicht blos alle Schwierigkeiten
der Technik überwinden, alle ihre Geheimnisse wieder entdecken lassen;
sie haben ihn auch veranlasst, mit den Schwierigkeiten zu spielen und
alle gewonnene Technik zu Bravourstücken anzuwenden. Das wäre nun
gerade kein Unglück, wenn der italienische Künstler auch den Geschmack
des Franzosen, um nicht zu sagen, den seiner Vorgänger und Vorfahren
im 15. und 16. Jahrhunderte besäße, allein das Gefühl für echte, ideale
Schönheit, für Maß und richtige Gedanken geht ihm ab; er hält sich an
Aeußerlichkeiten, an die Wunder seiner Technik und nimmt Reiz für
Schönheit. Dazu kommt nun die Speculation auf die Welt der Touristen,
die seine vornehmsten und zahlreichen Abnehmer sind, die wohl kommen,
die alte Kunst Italiens sich zu betrachten, aber in den seltensten Fällen
sich von ihrem Geiste erfüllen lassen.
S0 hat die italienische Kunstindustrie mehr und mehr eine Richtung
eingeschlagen, die nach dem Blendenden, selbst nach dem Frivolen strebt
und in Coquetterie, um nicht ein anderes Wort zu brauchen, oftmals
alle französischen Arbeiten übertrifft. Wo sie auf dem Standpunkte der
Nachahmung bleibt und den edlen Vorbildern der Vergangenheit folgt,
leistet sie Ausgezeichnetes; keine Arbeit ist ihr zu fein, keine Technik
zu schwierig. Sie stellt uns Glasgefäße nach jener antiken, römisch-
griechischen Art vor Augen, welche wir heute in ihren Fragmenten
bewundern; sie wiederholt alle alten Majolica-Arten in Hülle und Fülle
und gibt die verschiedenfarbigen Metalllustres auf denselben mit einem
blendenden Glanze wieder, der nur zu sehr strahlend und stechend in
das Auge fällt. Es fehlt auch hier das Maß, das Gefühl der Grenze, über
welches der Effect nicht hinausgehen darf. So ist es auch mit den anderen
Majoliken, welche nicht mit Metallglanz versehen sind; sie sind zu gelb,
zu grün, zu blau, wenn man sie mit den alten Mustern vergleicht.
Aber dabei ist die Maiolica-Fabrication nicht stehen geblieben; so
sehr sie Schüsseln und Teller bemalt und diese Kunst über ganz ltalien
verbreitet hat, so erscheint sie heute in ihrer neuesten Phase, wie sie sich
in Antwerpen darstellt, vielmehr zu einer plastischen Kunst geworden,
zu einer polychromirten Plastik. Voran gehen darin die Neapolitaner,
aber sie stehen keineswegs allein. Diese Seite hat nun zwar auch die
alte italienische Fayence-Kunst in den Arbeiten von Luca della Robbia
und seinen Nachfolgern gekannt, bescheiden und rein decorativ in der
Farbe, voll Empfindung in Gegenstand und Darstellung. Heute aber ist
diese Plastik durch und durch modern, im schlimmsten Sinne des Wortes,
nach den Gegenständen wie nach der coquetten naturalistischen Aus-
führung. Es sind Genrefiguren, Modedamen, Damen der Halbwelt, Pierrots,
Straßenliguren, klein und groß, in Köpfen und Büsten auch lebensgroß,
oft wundersam angebracht, so z. B. Kopf und Brust eines zeitunglesenden
Mannes in natürlicher Größe, aus einer Schüssel hervorragend. Alles das