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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 7)

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In vollkommener künstlerischer Abhängigkeit von der Fachschule 
erblicken wir die zahlreichen Wiener Privatschulen für Stickerei, die fast 
ausschließlich von absolvirten Schülerinnen der k. k. Fachschule geleitet 
sind und deren stattliche Reihe einen erfreulichen Beweis dafür liefert, 
dass die Zahl der jungen Damen, die das Bedlirfniss nach besserem 
Können in den Handarbeiten empfinden, im Wachsen begriffen ist. Aus 
der ziemlich uniformen Exposition dieser Gruppe ist die Collection, 
welche der Wiener Frauen-Erwerbverein zur Ausstellung gebracht hat, 
besonders hervorzuheben. Entsprechend seiner Tendenz nach Beschaffung 
lohnender und des Absatzes sicherer Waare bietet er zunächst eine Aus- 
wahl von Leinenstickereien; Handtücher, Tischdecken u. dgl. für den 
täglichen Gebrauch, daher in einfacherer Technik verziert, doch durch- 
wegs tadellos und musterhaft. Daneben findet aber auch der Luxus 
seine Befriedigung durch wahre Kunstwerke, die nicht nur der Lehrerin 
dieses Institutes, Frl. Bergmann, einer älteren Schülerin der Fachschule, 
ein glänzendes Zeugniss ausstellen, sondern auch die Tendenz nach 
selbständiger Fortbildung des Erlernten und origineller Erfindung ver- 
rathen, wie denn der Verein auch seinen eigenen Zeichner für Stickerei- 
vorlagen besitzt. Auch was von auswärtigen Stickereischulen eingelangt 
ist, zeigt, dass man vielfach -- freilich auch mit Ausnahmen, welche die 
Jury abweisen musste - in die Geleise der Fachschule eingelenkt hat, 
namentlich wo ehemalige Wiener Schülerinnen als Lehrkräfte thätig sind, 
so z. B. an der Staatsgewerbeschule zu Salzburg, die es bereits zur 
Uebung der verschiedenartigsten Techniken gebracht hat. An minder 
günstig gelegenen Orten, wo höhere Fachcurse nicht errichtet werden 
können, sucht man durch Correctheit in Farbe und Zeichnung den 
Mangel einer blendenden verfeinerten Technik zu ersetzen. Dies thut 
z. B. in anerkennenswerther Weise der Hausindustrieverein zu Ischl, der 
leinene Gebrauchsgegenstände mit rothen und blauen Bordüren nach 
guten Mustern südslavischer Hausindustrie, vielfach der ehem. LayÄschen 
Sammlung im Oesterr. Museum entnommen, verziert hat. Das variable 
Element in der Stickerei ist eben hauptsächlich das Muster, und es 
wirkt besonders erfreulich, wenn man das Bestreben gewahr wird, sich 
von den Schulvorlagen zu emancipiten. Freilich ist dabei große Vorsicht 
nothwendig, insolange sich unsere Damen das Feingefühl für richtige 
Zeichnung noch nicht genügend zu eigen gemacht haben, was vielfach 
an den eingesendeten Arbeiten der Dilettantinnen zu Tage trat. Als ein 
zuverlässiger Führer bei diesen Bestrebungen hat sich die nationale Haus- 
industrie erwiesen und dieser letzteren verdankt Agram den Ehrenplatz, 
den es auf der diesjährigen Ausstellung einnimmt. Sowohl die städtische 
Gewerbeschule als die Kunstgewerbeschule der Barmherzigen Schwestern 
haben treliliche Sachen gebracht, die vorwiegend die Benützung natio- 
naler Motive aufweisen. Die Barmherzigen Schwestern haben aber auch 
einen vollständigen Kirchenornat in Gold- und Seidenstickerei auf weißem,
	        
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