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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 7)

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gelblich getöntem Atlas ausgestellt, der in jeder Beziehung tadellos genannt 
zu werden verdient. Die Zeichnung stammt vom Agramer Dombaumeister 
Belle, die Ausführung selbst aber, welche von der Frau des Entwerfers, 
einer ehemaligen Schülerin unserer Fachschule, geleitet wurde, ist echte 
Klosterarbeit und rehabilitirt vollständig den Ruf dieser altehrwürdigen 
Kunstübung. 
Wenn man gemäß dem alten Spruche, dass man nicht für die 
Schule, sondern für's Leben lernen soll, nach dem Einflüsse frägt, den 
die Schulen außerhalb ihrer Stuben verbreitet haben, dann muss der- 
jenige, der Mitglied der Aufnahmsjury gewesen ist, leider sagen, dass 
von den vortrefflichen Leistungen der Schule draußen in der großen 
stickenden Damenweltmoch sehr wenig zu verspüren ist. Die geringe 
Zahl'der ausgestellten Damenarbeiten, d. h. Arbeiten von Frauen, die 
aus der Stickerei nicht Beruf machen, gibt dem Besucher zu denken und 
ist auch nur daraus zu erklären, dass die größere Hälfte der eingesen- 
deten Gegenstände von der Jury zurückgewiesen werden musste. Wenn 
man bei den Weihnachts-Ausstellungen der Siebziger Jahre sich glücklich 
schätzte, Gegenstände ausstellen zu können, die wenigstens nach einer 
Richtung - etwa der Ausführung nach - genügten, wobei man über 
mangelhafte Zeichnung oder schlechte Farbenstimrnung hinwegsehen 
musste, so hat man diesmal, da die Schulen seit Jahren vollkommen 
Mustergiltiges zu schaden wissen, den nachsichtigen Maßstab fallen lassen 
und rigorose Strenge geübt, um den minder Kundigen nicht etwa über 
Werth und Unwerth irrezuführen. Die Fachschule, die nun fast alle 
durch die Nadel erzielbaren Techniken zu üben weiß, hat reichlich zu 
thun, um das Gewonnene zum Gerneingute werden zu lassen und wenn 
erst unsere Damen dasjenige beherrschen werden, was die erste Classe 
leistet, dann wird man sagen können, dass die Wiedergeburt der Stick- 
kunst sich vollzogen hat. 
Eine Beschleunigung dieses Processes wäre zu erwarten, wenn die 
Industrie sich lebhafter desselben annehmen würde. Das Verhältniss der 
Stickereigeschäfte zur Reform ist somit ein sehr wichtiges und 
deshalb wurde ihnen auch die Aufnahme in die Ausstellung eingeräumt, 
von der sie aber leider nur geringen Gebrauch gemacht haben. So ist 
C. Giani jun. in der Ausstellung gar nicht vertreten; erst nachträglich 
hat eine in diesem Atelier angefertigte, vom Fürsterzbischof Simor be- 
stellte Mitra in den Räumen des Kunstgewerbevereines für kurze Zeit 
Aufstellung gefunden. Immerhin sind die wenigen erschienenen Firmen 
sehr gut repräsentirt, namentlich Kunz 8: Mößmer, L. Nowotny und 
R. Heller. Diese Abtheilung deckt sich übrigens vielfach mit derjenigen 
der Privatschulen, indem die Inhaberinnen der letzteren als Stickerinnen 
von Beruf auch für den Markt arbeiten. Frau P. Kabilka hat dagegen ver- 
zichtet, die gegenwärtigen Leistungen ihres Etablissements vorzuführen 
und dafür in äußerst dankenswerther Weise Specimina der verschiedenen
	        
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