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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 10)

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Kunstrichtungen nicht durch die Byzantiner bestimmt, sondern durch 
das Beobachten der Natur, das Zurückgehen auf die Antike, das Studium 
altchristlicher Formen, die ja auch in byzantinischen Schöpfungen zu Tage 
treten, und daher dieAnklänge an byzantinischesWesen in den Schöpfungen 
der deutschen sächsischen Kunstrenaissance des u. Jahrh. erklären. 
Hat doch schließlich das nordische Verschlingungsornament, wenn nur 
halbwegs in Zucht und Ordnung gehalten, viel Aehnlichkeit mit byzan- 
tinischen Linearornamenten. Kamen nun noch Meister dazu, wie jener 
Theophilus, der die byzantinischen Werke kennt und hochschätzt, der die 
Vorzüge der Tuscia mit ihrem Niello, der die arabischen Werke zu würdigen 
versteht, und selbst alle die Techniken zu arbeiten und zu beschreiben im 
Stande ist, da ist den Deutschen, namentlich den Rheinländern, der Vor- 
zug durch Jahrhunderte sicher. Die Uebung, die man an den Reliquien 
mit ihrem vielfältigen Schmucke beständig hatte, übertrug sich auch auf 
die hohe Plastik, die wieder ihrerseits mit ihrer Naturbeobachtung und 
Richtigkeit der Zeichnung auf die kleinen Künste regelnd einwirkte. Ein 
Meisterstück rheinischer Arbeit sehen Sie an dem kirchenähnlichen Reli- 
quiar im Welfenschatze: ein byzantinischer Centralbau - aber auch 
Bauten wie in Italien das Grab der Galla Placidia in Ravenna, mit einer 
Kuppel auf dem Durchkreuzungspunkte zweier sich schneidender Schiffe, 
Schwarzrheindorf, oder im entfernteren Sinne, die nApostelnu in Köln - 
gab den Grundplan, vier Portale legen sich nach den vier Weltrichtungen 
vor. In Nischen stehen Elfenbeinfiguren. Die centrale Kuppel hat wunderbar 
feines Champleve. 
Die rheinische Kunst wirkte befruchtend hinwieder auf die fran- 
zösische Kunst, welche wohl manchmal deutsche Meister zu sich 
berief; auch über das Meer nach England dürften diese Einflüsse gereicht 
haben, wo seit dem u. Jahrh. mönchische Künstler berühmte Reliquiare 
schufen, z. B. ein hohles Cbristusbild, das ganz mit Reliquien angefüllt 
war, oder den Reliquienschrein der heil. Wendreda. Nur darf hier nicht 
übersehen werden, dass ältere Kunstwerke in England, Frankreich und 
Italien, ja auch in Oesterreich, weit seltener sind, als in Deutschland, 
weil in jenen Ländern die Schätze oft insdie königl. Münze wandern 
mussten, oder wie in Italien eingeschmolzen wurden zu Erzeugnissen 
neueren Styles. (Schluss folgt.) 
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit 
demselben verbundenen Institute. 
(Weihnachts-Ausstellung im Oesterr. Museum.) Die Anmel- 
dungen für die Weihnachts-Ausslellung 1886, welche am 28. November 
eröffnet werden soll, werden vom l. bis letzten October schriftlich oder 
mündlich bei der Direction des Museums angenommen. Vom 10. bis 13. 
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