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Kunstrichtungen nicht durch die Byzantiner bestimmt, sondern durch
das Beobachten der Natur, das Zurückgehen auf die Antike, das Studium
altchristlicher Formen, die ja auch in byzantinischen Schöpfungen zu Tage
treten, und daher dieAnklänge an byzantinischesWesen in den Schöpfungen
der deutschen sächsischen Kunstrenaissance des u. Jahrh. erklären.
Hat doch schließlich das nordische Verschlingungsornament, wenn nur
halbwegs in Zucht und Ordnung gehalten, viel Aehnlichkeit mit byzan-
tinischen Linearornamenten. Kamen nun noch Meister dazu, wie jener
Theophilus, der die byzantinischen Werke kennt und hochschätzt, der die
Vorzüge der Tuscia mit ihrem Niello, der die arabischen Werke zu würdigen
versteht, und selbst alle die Techniken zu arbeiten und zu beschreiben im
Stande ist, da ist den Deutschen, namentlich den Rheinländern, der Vor-
zug durch Jahrhunderte sicher. Die Uebung, die man an den Reliquien
mit ihrem vielfältigen Schmucke beständig hatte, übertrug sich auch auf
die hohe Plastik, die wieder ihrerseits mit ihrer Naturbeobachtung und
Richtigkeit der Zeichnung auf die kleinen Künste regelnd einwirkte. Ein
Meisterstück rheinischer Arbeit sehen Sie an dem kirchenähnlichen Reli-
quiar im Welfenschatze: ein byzantinischer Centralbau - aber auch
Bauten wie in Italien das Grab der Galla Placidia in Ravenna, mit einer
Kuppel auf dem Durchkreuzungspunkte zweier sich schneidender Schiffe,
Schwarzrheindorf, oder im entfernteren Sinne, die nApostelnu in Köln -
gab den Grundplan, vier Portale legen sich nach den vier Weltrichtungen
vor. In Nischen stehen Elfenbeinfiguren. Die centrale Kuppel hat wunderbar
feines Champleve.
Die rheinische Kunst wirkte befruchtend hinwieder auf die fran-
zösische Kunst, welche wohl manchmal deutsche Meister zu sich
berief; auch über das Meer nach England dürften diese Einflüsse gereicht
haben, wo seit dem u. Jahrh. mönchische Künstler berühmte Reliquiare
schufen, z. B. ein hohles Cbristusbild, das ganz mit Reliquien angefüllt
war, oder den Reliquienschrein der heil. Wendreda. Nur darf hier nicht
übersehen werden, dass ältere Kunstwerke in England, Frankreich und
Italien, ja auch in Oesterreich, weit seltener sind, als in Deutschland,
weil in jenen Ländern die Schätze oft insdie königl. Münze wandern
mussten, oder wie in Italien eingeschmolzen wurden zu Erzeugnissen
neueren Styles. (Schluss folgt.)
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
(Weihnachts-Ausstellung im Oesterr. Museum.) Die Anmel-
dungen für die Weihnachts-Ausslellung 1886, welche am 28. November
eröffnet werden soll, werden vom l. bis letzten October schriftlich oder
mündlich bei der Direction des Museums angenommen. Vom 10. bis 13.
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