Wiederherstellung der kostbaren Schätze zugewendet, welche uns aus der Vergangenheit
auf diesem Gebiete erhalten, jedoch durch die schlechte Conservirungsweise großtentheils
in den traurigsten Zustand versetzt sind. Er wurde zu diesem Behufe an fremde Hofe
berufen, das hervorragendste aber wirkte er im Museo Vaticano. Die Brochure verzeichnet
lange Lobsprüehe und Zeugnisse, welche über Gentili's Verfahren von Prof. Dav. Fara-
bulini, von A. Darcel, von Prof. Lacordaire ausgestellt wurden. - Nach diesen Vorbe-
merkungen kommt der Verfasser auf sein eigentliches Thema, die Verderbnisse der
Arazzi und ihre Herstellung zu reden.
Die Ursachen der Zerstörung sieht Gentili in den Motten, im Staube und in der
Wirkung der Farbbeizen, gleichviel aus welchem Materiale das Gewebe bestehe und ob
es Metallfäden enthalte oder nicht. Er wendet sich zunächst gegen diejenigen, welche
die Restaurirung eines auf solche Weise beschädigten Gobelins überhaupt perhorresciren.
Das sei schon aus dem Grunde unerlässlich, weil ohne eine Neuherstellung die Schäden
immer ärger werden. Aber es wehren sich Einige gegen die Restaurirung, weil dadurch
der antiquarische und artistische Werth der Objecte verliere. Andere, welchen der
Staub die alleinige Ursache aller Beschädigungen, auch jener durch Motten, scheine,
verlangen blos eine Aufbewahrungsweise unter hermetischem Verschlüsse, dann könne
nichts weiter mehr geschehen. Noch Andere sind dafür, die Rückseite des Teppiches
mit einem Futter zu versehen, wodurch die Ausfaserungen an den Löchern gedeckt
werden, und durch Beschmieren mit chemischen Substanzen die Vermehrung der Motten
zu verhüten. Wieder Andere wollen alle diese Methoden zusammen anwenden und die
so behandelten Arazzi hinter Glaswänden verwahren. Alle jene Verfahrungsweisen aber
bergen in sich die größten Gefahren für die Kunstwerke.
Gentile erblickt das einzig richtige Mittel zur Conservirung lediglich im Waschen
und Restauriren des Gewebes, aber es müssen wahre Künstler sein, denen man eine
solche Arbeit anvertraut. Die erste Unternehmung ist das Waschen mit Präparaten,
welche zwar unschädlich sind für die Erhaltung der Farben, aber geeignet, die einge-
nisteten Insecten zu vernichten. Hiedurch gewannen die Gobelins nicht blos die ursprüng-
liche Frische des Colorites, sondern verloren auch jene Rauheit, welche den Teppich
so sehr schädigt. Aber auch die Zersetzung der Beizstotfe, welche in Krystallisation
übergehen, wenn Feuchtigkeit eingewirkt hat und so die Flockseide angreift, hört
aus dem Waschen auf und der zwischen den Faden angesammelte Staub verschwindet.
Gold und Silber erhält den vorigen Glanz und die alte Biegsamkeit wieder. Nach
dem Waschen habe aber das Ergänzen zu folgen. Auch hier nimmt der Autor den
Kampf mit den Widersachern seiner Maxime auf, indem er auf die Einwendung, dass
bei verlorenen Conturen, wo Löcher gerissen sind u. dgl., die alten Linien dnch nicht
erkennbar waren, bemerkt, das sei die Sache eben des Artista arazziero, der sowohl die
verschwundenen Formen als Farben wiederzufinden verstehe, aber es müsse das eben
con arte geschehen. Mit Worten lasse sich der Beweis nicht führen, vor einem be-
schädigten Stücke jedoch wäre es keine so große Schwierigkeit.
Der Arazziero vereinigt also zunächst die Ränder der offenen Stelle und zeichnet
darauf das Fehlende, indem er mit größter Gewissenhaftigkeit mit Hilfe der Spuren
in den angrenzenden Partien die ursprünglichen Linien herzustellen sucht. Darauf geht
es an das Nachwehen der fehlenden Stelle mit hellerer Wolle, welche die Harmonie der
verblichenen alten Faden nicht stort. Dann sei die restaurirte Stelle von dem Uebrigen
nicht zu unterscheiden.
Wir haben der Schrift des Cavaliere Gentili etwas umständlicher gedacht und ihren
hauptsächlichsten Inhalt etwas genauer mitgetheilt, erstens weil dieselbe von mehreren
Seiten mit starkem Aecent hervorgehoben wurde und zweitens, weil Arbeiten über
dieses wichtige Fach der Kunstindustrie selten an den Tag kommen. Wir müssen jedoch
gestehen, dass uns die Brochure auf das hin enttäuscht hat. Sie strotzt in endlosen
Wiederholungen von steter Versicherung über das alleinig Vortreffliche des Verfahrens
und wird nicht müde, in banalen Redensarten von der Wichtigkeit einer pietatvollen
künstlerischen Obsorge für jene großartigen Schätze zu schwärmen, aber der Kern des
Gebotenen, die Hauptsache, welche das richtige Verfahren klarlegen soll, überzeugt uus
nicht. Was der Verfasser über die Ursachen der Zerstörung mittheilt, ist ganz richtig
und sehr deutlich dargelegt, auch seinen Argumenten gegen die bisherigen Mittel der
Conservirung pflichten wir bei, nur, was seine eigene Methode betritft, reichen die ange-
gebenen Maßnahmen nicht zu, um dieselbe unbedingt für die einzig glückliche zu
erkennen. Und zwar deshalb, weil sie aus seinen Worten eben nicht zu erkennen
sind. Denn, welche Mittel gibt er an? Erstens das Waschen, zweitens die Restaurirung
durch Neuweben der fehlenden Theile. Er spricht von preparati innocui, durch welche
die Farben wieder aufleben, die bösen Motten dagegen sterben; was für Wundermittel
von so doppelter Wirkung das seien, übergeht er aber mit Stillschweigen. Da den
Verfasser il solo amore per la nostra arte bewegt, so konnte ihn wohl nicht etwa ein