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sirten Formen gewisser Pllanzengattungen fast bis auf die letzte Spur
getilgt waren, dass ferner im Gegensatze zu vielen der Zierformen der
orientalischen Vorbilder die Einzelnheiten sich lösten - weniger cornpacte
Massen bildeten und dass schließlich durchwegs der Charakter des Flach-
' ornameutes in reinster und vollkommenster Weise zum Ausdrucke kam.
So hat sich die Maureske in Europa geklärt und zugleich verein-
facht. Schon auf der ersten Etappe des levantinischen Handelsweges
nach Europa, speciell nach den ehemals freien Reichsstädten des deutschen
Südens, nach Nürnberg, Augsburg u. s. w. machen sich zu Venedig die
Anfänge der über die See herübergebrachten Verzierungsweise bemerkbar.
Bucheinbände, Verzierungen in Stucco, bemalte Holzobjecte, Arbeiten
all' azzemina, sowie in hervorragender Weise Gläser zeigen die über-
lieferten morgenländischen Verzierungen. Die Venetianer konnten die
mohammedanische Bevölkerung des Orientes mit Glasartikeln versehen,
welche dem Bedürfnisse der Abnehmer entsprechend decorirt waren. So
kamen sie dahin, ihre Glasarbeiten nach einem Lande auszuführen,
welchem sie die Tradition der Glasverarbeitung zu verdanken hatten.
Wer kennt nicht auch die unübertreßlich schönen Bucheinbände
der Venetianer des 16. Jahrhundertes, mit Ornamenten ausgestattet, in
Leder gepresst, geschnitten, vergoldet, bemalt etc., welche völlig in der
Art ihrer orientalischen Urbilder gehalten sind. Nur etwa darauf ange-
brachte Reliefmedaillons abendländischen Charakters, oder Zwischen-
fügungen von Flächen mit specifisch venetianischem Renaissancedecor
verrathen _auch dem nicht näher Eingeweihten die wahre Heimat der
Objecte.
Wer erinnert sich wohl auch nicht der herrlichen Bronzeeinfassungen
der beiden Cisternen im Hofe des Dogenpalastes; sie wurden von Nicole
dei Conti in den Jahren 1556 und 155g gegossen. Die Flächen der
Innenwandungen dieser beiden Cisterneneinfassungen zeigen Mauresken
von schönster Zeichnung in außergewöhnlich großem Maßstabe. Das
reiche Geflecht der aus gepunztem Grunde sanft hervortretenden, mehrere
Centimeter breiten Bänder bedeckt die Bronzefläche in der Höhe der
vollen Brüstung.
Hat nun auch die Maureske in Venedig durch lange Zeit Pflege
und Verbreitung gefunden, so kam sie selbständiger und allgemeiner
doch erst in Deutschland zur Herrschaft. Die Waarenzüge der Fugger,
der Imhotf förderten die Beispiele orientalischer Herrlichkeit nach den
deutschen Landen, wo sie befruchtend und anregend dem Gewerbefleiße
mannigfache neue Bahnen erschlossen. (Fortsetzung folgt.)