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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 2)

ZÖZ 
Diese Geschichte ist nun wichtig aus dem Grunde, weil sie, wie Berger 
vollkommen zutreffend bemerkt hat, uns dazu dient, ein albernes Mähr- 
lein, welches durch alle Bücher und Lexiken, wo von Gran die Rede ist, 
bis auf den heutigen Tag geschleppt wird, zu erklären. Sie können das 
erste beste Lexikon aufschlagen und den Artikel Gran suchen, und wenn 
der gute Mann gar nichts über Gran weiß, so erzählt er Ihnen doch 
das Eine gewiss, dass der Künstler, als er in Hetzendorf im Auftrage 
der Kaiserin malte, in einer Weise vom Hofe gehalten worden sei, die 
beispiellos dastünde. Alle Tage hätte er ein Honorar von hundert Ducaten 
erhalten, und alle Tage sei er mit einer vierspännigen Hofequipage nach 
Hetzendorf geführt worden. Das ist nun Unsinn von A bis Z. Wie 
wir aus den ganzen Verhältnissen jener Zeit wissen, ist ein tägliches 
Honorar von hundert Ducaten etwas Chimärisches, und was die Hof- 
equipage betriift, so dürfte sie wahrscheinlich durch das Missverständniss 
herzugebracht worden sein, dass man sie mit der obenerwähnten Pferde- 
und Wagengeschichte aus der Schwarzenberg'schen Epoche zusammen- 
brachte. 
Um 1730 nun beginnt Gran's Wirken für die Ausschmückung der 
Hofbibliothek, sein größtes Werk. Ich will nur in Kürze andeuten, dass 
um jene Zeit der Bau fertig geworden ist, der im Jahre 1722 begonnen 
hatte. Die Hofbibliothek ist nach dem ursprünglichen Entwurfe Fischefs 
des Aelteren geschaffen. Da Fischer aber schon im Jahre 1724 starb, so 
war es sein Sohn Johann Emanuel, welcher diese Arbeiten um 1726 
begann und im Jahre 1730 vollendete. Die malerischen Ausschmiickungen 
der großen Seitenflügel mit ihren Deckengemälden, sowie des großen 
Kuppelhauses sind von der Hand unseres Gran. Das Programm zu diesen 
sehr complicirten und geistreichen Compositionen rührt von einem Manne 
her, der in der Gelehrtenwelt Wiens jener Zeit eine Rolle spielt; es ist 
Conrad Adolf von Albrecht, welcher auch im diplomatischen Dienste 
gewirkt hatte, ursprünglich als kaiserlicher Ministerresident am portugie- 
sischen Hofe thätig war, dann zurückkam und im Jahre 177i starb. Er 
war ein persönlicher Freund des großen Gelehrten Garelli, welcher als 
damaliger Vorstand der Hofbibliothek ebenfalls auf das Programm Ein- 
fluss nahm. 
Für das Hauptwerk Fischers von Erlach, die Karlskirche, war unser 
Künstler auch thätig, "jedoch nicht in ebenso großartigem Maße. In 
den Seitencapellen sind einige Theile der Architektur - Decoration von 
Gran oder wenigstens nach Gran's Entwurfe vollendet, und außerdem 
hat er zwei Altarbilder daselbst gemalt; das eine, der römische Haupt- 
mann, ist weniger bedeutend, dagegen das größere, die heilige Elisabeth 
darstellend, eine der interessantesten Schöpfungen des Künstlers. Er hat 
die mittelalterliche Heilige im Geiste der Barockzeit aufgefasst, als eine 
Königin in Pracht und Glanz, umgeben von einem großen Staate. In 
diesem Bilde ist die Reminiscenz an Veronese und an ähnliche glanz-
	        
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