ZÖZ
Diese Geschichte ist nun wichtig aus dem Grunde, weil sie, wie Berger
vollkommen zutreffend bemerkt hat, uns dazu dient, ein albernes Mähr-
lein, welches durch alle Bücher und Lexiken, wo von Gran die Rede ist,
bis auf den heutigen Tag geschleppt wird, zu erklären. Sie können das
erste beste Lexikon aufschlagen und den Artikel Gran suchen, und wenn
der gute Mann gar nichts über Gran weiß, so erzählt er Ihnen doch
das Eine gewiss, dass der Künstler, als er in Hetzendorf im Auftrage
der Kaiserin malte, in einer Weise vom Hofe gehalten worden sei, die
beispiellos dastünde. Alle Tage hätte er ein Honorar von hundert Ducaten
erhalten, und alle Tage sei er mit einer vierspännigen Hofequipage nach
Hetzendorf geführt worden. Das ist nun Unsinn von A bis Z. Wie
wir aus den ganzen Verhältnissen jener Zeit wissen, ist ein tägliches
Honorar von hundert Ducaten etwas Chimärisches, und was die Hof-
equipage betriift, so dürfte sie wahrscheinlich durch das Missverständniss
herzugebracht worden sein, dass man sie mit der obenerwähnten Pferde-
und Wagengeschichte aus der Schwarzenberg'schen Epoche zusammen-
brachte.
Um 1730 nun beginnt Gran's Wirken für die Ausschmückung der
Hofbibliothek, sein größtes Werk. Ich will nur in Kürze andeuten, dass
um jene Zeit der Bau fertig geworden ist, der im Jahre 1722 begonnen
hatte. Die Hofbibliothek ist nach dem ursprünglichen Entwurfe Fischefs
des Aelteren geschaffen. Da Fischer aber schon im Jahre 1724 starb, so
war es sein Sohn Johann Emanuel, welcher diese Arbeiten um 1726
begann und im Jahre 1730 vollendete. Die malerischen Ausschmiickungen
der großen Seitenflügel mit ihren Deckengemälden, sowie des großen
Kuppelhauses sind von der Hand unseres Gran. Das Programm zu diesen
sehr complicirten und geistreichen Compositionen rührt von einem Manne
her, der in der Gelehrtenwelt Wiens jener Zeit eine Rolle spielt; es ist
Conrad Adolf von Albrecht, welcher auch im diplomatischen Dienste
gewirkt hatte, ursprünglich als kaiserlicher Ministerresident am portugie-
sischen Hofe thätig war, dann zurückkam und im Jahre 177i starb. Er
war ein persönlicher Freund des großen Gelehrten Garelli, welcher als
damaliger Vorstand der Hofbibliothek ebenfalls auf das Programm Ein-
fluss nahm.
Für das Hauptwerk Fischers von Erlach, die Karlskirche, war unser
Künstler auch thätig, "jedoch nicht in ebenso großartigem Maße. In
den Seitencapellen sind einige Theile der Architektur - Decoration von
Gran oder wenigstens nach Gran's Entwurfe vollendet, und außerdem
hat er zwei Altarbilder daselbst gemalt; das eine, der römische Haupt-
mann, ist weniger bedeutend, dagegen das größere, die heilige Elisabeth
darstellend, eine der interessantesten Schöpfungen des Künstlers. Er hat
die mittelalterliche Heilige im Geiste der Barockzeit aufgefasst, als eine
Königin in Pracht und Glanz, umgeben von einem großen Staate. In
diesem Bilde ist die Reminiscenz an Veronese und an ähnliche glanz-