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und seinen Erklarern geläufig gewesen wären, die ja bis zur Reformation viel grüßeren
Einßuss auf die Kirche und das gesammte Denken Italiens ausubten, als die Humanisten
jemals gewinnen konnten.
- Am zu. Janner hielt Custos Chmelarz einen Vortrag über die deutschen
Kleinrneister. Nach einer kurzen Einleitung über die Schwierigkeit, von mehreren tausend
Kupferstichen reden zu sollen, welche nur von einer kleinen Zahl von Kennern hoch-
geschatzt werden, dem großen Publicum jedoch fast ganz unbekannt sind, suchte der
Vortragende seine Zuhörer zunachst für die Hauptvertreter unter jenen Ornamentisten
der deutschen Renaissance zu interessiren, welche sich direct oder indirect um Dürer
gruppiren. Er skizzirte also in Kürze die Biographien der beiden Beham, des Aldegrever,
Altdorfer, Binck und Pencz, wobei zugleich auf einzelne Werke derselben und die
Stellung der Meister zum socialen und religiösen Leben iener Tage hingewiesen wurde.
Mit der nblichen Einschränkung des Namens der Kleinmeister durchaus nicht einver-
standen, vergonnte Herr Chmelarz den drei Meistern Hopfer eine besonders eingehende
Würdigung, indem er auseinandersetzte, wie gerade diese durch ihre Radirungen nach
italienischen Stechern und Malern als die Hauptvermittler der italienischen Renaissance-
iormen nach Deutschland anzusehen sind. Als der Centralpunkt, in welchem die antike
Formensprache in Figuren und Ornament bereits vollständig nach deutschem Geschmacke
und deutscher Empfindung übersetzt erscheint, erwies sich Math. Zündt's Kraterographie
vom Jahre 1551. - Die übergroße Zahl von Ornamentmeistern aus der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts: Amman, Brun, Beytler, Flotner, Hirschvogel, Lautensack, Sibmacher,
Solis, Wechter u. s. w. zwang den Vortragenden, auf das Eingehen in's Detail zu ver-
zichten, und die Entwickelung des deutschen Ornamentes in großen Zügen auf Grundlage
einiger besonderer Merkmale "festzustellen. Als solche ergaben sich ihm für die erste
Kunstlergeneration I. die menschliche Gestalt als das vornehmste Ornament in den
beliebtesten Compositionen aus der Antike und der Renaissance und in der ausgedehnten
Uebung des Genrebildes; z. das Blattwerk. Bei der zweiten Generation der deutschen
Ornamentisten kamen dann ganz neuartige Motive als stilbildend zur Geltung, und zwar
l. das Rahmen- und Rollwerk, z. das orientalische Flachornament, 3. Rückkehr zu
Naturbildern, Jagd- und Thierstücken, 4. die gesteigerte Verwendung von allegorischen
Gestalten. Alle diese Elemente wurden nun der Reihe nach charakterisirt und der Nürn-
berger Virgil Solis als derjenige Meister bezeichnet, welcher unter den Ornamentrneistern
der zweiten Generation die Summe alles von seinen Zeitgenossen Gebotenen zieht, wie
es fur die erste Generation ein Aldegrever gethan hatte. Mit der Schilderung des Ueber-
ganges von der einfachen Formenbildung und Linienführung der deutschen Frührenais-
sance zu der überschwänglich reichen Barocke schloss Herr Chrnelarz seinen Vortrag,
welcher auch durch eine Ausstellung gewählter Stiche illustrirt wurde.
Literatur - Bericht.
The Years Art 1887. Compiled by M. B. Huish. London, Virtue 8'. C0.
8". 343 S. u. 50 Taf.
Der achte Jahrgang dieses nützlichen Handbuches enthält als Vermehrungen ein
vollständiges Verzeichniss aller Künstler, von denen Werke in England im Jahre 1886
zur Ausstellung gekommen sind, sieben Blätter zur Veranschaulichung des Lehrganges
im Zeichenunterrichte an Elementarschulen und einen Auszug aus dem Gesetze über
Schutz gegen Nachdruck nach den durch die internationale Convention nothig gewor-
denen Abänderungen. Etwa 160, grbßtentheils sehr kleine Abbildungen nach ausgestellt
gewesenen Gemälden, Stichen, Sculpturen etc. dienen dazu, die Erinnerung bei den Be-
suchern der Ausstellungen aufzufrischen. In den statistischen Mittheilungen ist Manches
von allgemeinem Interesse.
Das South Kensington-Museum (und dessen Abzweigung in Bethnal Green) wird
verwaltet von einem Directur, zwei Assistant Directors, einem Decorntive Artist und 15
Keepers, Assistant Keepers etc., deren Bezüge zusammen 10.170 f (lzgnoo H.) aus-
machen. Angekauft wurden 188g für die Sammlungen, ungerechnet die galvanoplastiscben
und Gypsabformungen, Steinsculpturen (darunter ein Portal aus Brescia für 60a f)
617 f, Schnitzwerke in Elfenbein u. dgl. 114 f. Möbel 1971 f, Eisen, Bronze etc.
1348 f, Silberarbeiten 104 f, Emailen 2.743 f, Thon 4141. f, Porzellan 38 f, Glas
964 i, Leder- und Buchbinderarbeit 225 f], Textiles 91 f, Spitzen 59 f}, Gemälde