DIE HUMANE KONTINUITÄTIN DER
ÖSTERREICHISCHEN PLÄSTIK
Alfred Hrdlickas Erfolg in der „Gnlleriu
Penalope", Rom
Eigenllich halle die Ausslellung Alfred
Hrdlickas bereils im Vorjahr in der "Galleria
Penelope" in Rom stattfinden sollen. Sie
rnußle aber verschoben werden, da der
Künstier dann für die osterreichische Beleilie
gung bei der XXXII. Biennale von Venedig
uusersehen wurde. So war Hrdlicka diesmal
für Rom kein Unbekannler mehr. Das war
auch aus dem lebendigen und vielf tigen
Echo der römischen Presse zu spüren. als
nun der langgelaßle Plan in Zusammenarbeit
mit der Galerie Welz in Salzburg und dem
Öslerreichischen Kullurinslitut in Rom endlich
realisiert werden kannle.
Duiiio Morosini widrnele im ..Paese Sem"
einen Aufsalz den bedeulendslen römischen
Ausstellungen während dieser Saison unter
dem Tilel: „Drei europäische Künsller:
Moore, Hrdlicka und Kupka." Guido
Giufire wiederum schrieb im nAvvenire
d'Italia. "Die Aussleliungen von Guxzi.
Romiti und Hrdlicka beherrschen die Szene."
In der angesehenen Wochenschrift ,.La Fiera
Lelleraria" schrieb der gleiche Kriliker. daß
dieser österreichische Bildhauer eine Form
des Expressionismus vertritt, die uns sehr
ndhd isi. Vito Apuleo hebi in der ..Voce
Reoubblicana" die dramalisch-menschliche
Reulilät in den Plastiken Hrdlickas hervor
und schreibt seinen Radierungen eine bittere
Satire zu. Valenlino Marlinello erkennl. ddß
im Rhythmus von Schwarz und Weiß der
Radierungen lrolz der expressiven Schau
durchaus eine unserer Zeit enlsprechende
Aussage slailiindet.
Während die meislen Kritiker die Äuflasung
Ernst Kdllers im KCllOlOg-Varworl unler-
slreichen, ddß in den Werken Hrdlickas
ein "Neuer Humanismus" zu erkennen ist.
vertritt der "Avanli" die Meinung, ddß es
durchaus nichl human sei. wenn der Mensch
Sa sehr in seiner Armseligkeit dargesleill
werde. Auch ,.ll POQOIO" hdi gewisse siiir
slische Vorbehalte zur Plastik Hrdlickas.
anerkennt aber die beseelle Pidsiiziidi Seiner
Radierungen. Guido Visenlin unterslreicht im
"Messaggero" udn neuem seine Slellung-
nahme. die er schon dni" lich ddr Bierlftale
van Venedig geüußerl hat: ..Hrdlicka lsl
beslrebl. die menschliche Gesiall wieder zu
Ehren zu bringen. Dieses volizieht sich in
rdrnidn, die vom Expressionismus ausgehen,
die aber auch einen Belag zu jeher! des
späten Michelangelo hdudn."
In diesem Besireben ist Hrdlicka ein lypischer
Verlreler ddr ösierreichischen Gegenwarls-
kunst. Während man in anderen Ländern
nach den Verstößen in dds Abstrakle und
Informelle heute wieder ein zaghuftes
Zurücklasten zu einer neuen rigurdiidn
bemerken kann, hat man in Österreich
niemals den Nabelslrang zu den humanen
Formen völlig durchlrennl. Hier setzte ohne
zdsur eiwa zu Beginn dieses Jahrhunderts
die iiNeue Figuralion" ein; in der Malerei
mit Klirnl und Schiele, in der Plastik mil
Anlon Hanak und Jan Slursa.
Für die Position Hrdlickas in der österrei-
chischen Bildhauerei isl kennzeichnend, daß
er darl einseill, wo Walruba den Weg
Hanaks verlassen hat. Damit isl die Kon-
tinuiiüt wieder hergeslellt.
Wenn er auch mil seinem "Gekreuligten"
(1959) noch Seiie dn Seite mit Seinem Lehrer
liegt, so bamüchtigt sich bei ihm schon am
Anbeginn die Expressicn der Tekionik:
Die menschlichen Gliedmaßen werden. ge-
brochen. verslümmeit. amputiert, in ihren
Proportionen gedehnt und in ihren Bewe-
gungen enthemml. um dann wieder zur
Einheit eines schrecklichen Schicksals zu-
sammengefügt zu werden. sd sind die
Skulpturen Hrdlickas von ariliöslhelischer
Schönheil. dionysischer Gewalt, grausamer
Lyrik und von schlichter Tragik.
Waller Zeill
EUES UND INTERESSANTES AUS DER INTERNATIONALEN KUNSTWELT
s AnlaB des 500. Geburtstage: von Hans
llbßin zeigt seine Heimatstadt Augsburg
n Z1. August bis 7. November eine große
düchtnisausstellung mit ZOO Leihgabert aus
er Welt.
n Farbholzxhnitten Ham Staekbauers
trnele die Neue Galerie am Landesmuseum
inneurri in Graz eine e von einem ausr
lrltchen Katalog begleitete - Sonderaus-
llung.
s Kiinstlerge nscttatt "Gruppe 64
ederöxterreictf (sie wird von den Malern
inz Dressler u Oskar Matulla. dem
aphiker Maxim 'an Melcher und dem
dhauer Malhias Hielz geleitet) trat heuer
l Ausstellungen in Passau und Klagenfurt
die Öffentlichkeit.
heuer die vorlrdge von Paul Wember
(nMarcel Duchanip und die Anlikunst") und
Manfred de la Motte ("Pop-Art und die
Konsequenzen"). Dichterlesungen. Konzerte
moderner Musik. eine Architekturausslellung
(Aulabahnkirche Giovanni Mlcheluzzi) sowie
die obligate Ausstellung der vier Hausmaler
(Mikl. Prachensky. Reiner. Hollegha) in den
Galerierüumen der Grünangergasse er-
gdinzien des Programm der Tagung. Daß
Wiens Künstler und Kritiker e abgesehen
von ganz wenigen Ausnahmen e bei der-
artigen Ges "chen nur durch Abwesenheit
gldnzeri. besidiigle sich leider auch in diesem
Jahr.
Der amerikanische Eisenplastiker David
srriitti kam im Juni dieses iehres bei einem
Autounfall ums Leben. Smith war durch
seine Teilnahme an der documenta ll und lll
auch in Europa gut bekannt.
s 11. Internationale Kunstgexpräch der
lei-ie nüchxt si. Stephan fand in der zeit
n 7. bis 9. Juli 1965 in der Schule der
sulinen in wien XXIII. Mauer. statt. Zu
i Höhepunkten der Veranstaltung zahlten (Fortsetzung S. 56)
FLEXE
ronik de: Österreich betreffenden Ausstellungslebens, Mitte Mai bis Anfang Juli 1965.
taktionuchluß: 27. Juni. Verantwortlich: Dr. Ernst Köller. Nur jene Ausstellungen und
ranstaltungen kannten berücksichtigt werden, von deren Ahhaltung die Redaktion oder
e Mitglieder verständigt werden waren. Vollständigkeit wurde weder erreicht noch an-
drebt: das Nichtautstheinen in dieser Chronik bedeutet also kein indirektes Werturteil.
viai Polariidten. Österreichische Gegenwartskunst. universiidt Wien.
M ärditnung der ..Galerie de poche". Vernissage der Ausstellung Gerhard Feesl. l. selz.
Q0558 .
Mai: Vorführung von Filmen im Rahmen des ß. w. Papst-Zyklus. Museum des 20. lehr-
nderis. lll. schiiveizergarien.
Mai roporiionenerroporzianen." 10 lehre Zweite Reoublik in der Karikatur. Galerie
ige Generation. l, Börseplatz 7.
stvortrag Prof. Dr. Michelangelo Muraro. Florenz:
liiuisgebaude, I. universiielsslrane 7.
rtrag DDr. Heinrich Kraus. ..lrenische Reise 15m4". Österreichisch-Iranische Kulturver-
ligung. l. Josefsplatz 1.
M i Hans Escher. Graphik. Zentralbuchhandlung. I. Schulerstraße 1-2.
Mai vorlrog ..Tlvidar Csontvdry" von Unim-Prof. Dr. Lajos Vayer. Arbeiten der Meister-
iule tiir graph. Künste an der Akademie der bildenden Künste (Prof. Martin). Österreichisch-
lgarische Vereinigung zur Pflege kultureller Beziehungen, II. Hollandstralte 4.
ins Stockbauer - Farbholzschnitte. Neue Galerie am Landesmuseum laenneum. Ecksaal
iloanneums. Graz. Neutorgasse 45.
Mai: Laienkunst aus der udssR. Galerie Autodidakt, IV. Operngasse 9.
ist Padouk. lnlarsien. Galerie Peithner-Lichtenfels im Hotel vienne lniereoniineniel.
(Fortsetzung S. S6)
Civilidi delle ville venete." Neues
GRAZER KU NSTBRIEF: Juni 1965
Das Kunslleben in Graz zeichnet sich durch
außerordentliche lntensivitdt. leider aber
nicht immer durch außerordentliche Qualität
des Gebotenen aus. Diese Maxime wird vor
allem durch die am 14. Juni im Künstlerhaus
eröffnete. vom Werkbund im Steiermürklschen
Kunstverein zusammengestellte Ausstellung
"Religio 65" bewiesen. die im Rahmen der
Feiern zum hunderliöhrlgen Bestand des
Kunstvereins zusiandegekommen war. Die
recht lieblos und flüchtig gehängie schau
umfaßt 82 Werke von Z7 Künstlern. In ihrer
Gesamtheit beweist sie. daß religiöse Kunst
heute immer noch problematisch ist und daß
die meisten Künstler die tückischen Fallen
thematischer Gebundenheit nicht umgehen
können. Sentimentales Pathos und pseudor
expressive Verkrampftheit gehen unglück-
selige Verbindungen mit mehr oder minder
manieriertetn Archaisieren ein. Die Sucht.
originell zu sein. überwiegt bei weitem jenen
Geist echter Demut. der gerade bei kirch.
PERSONALIA
M. Mai: In Graz starb Unim-Prof. DDr. Hans
Riehl. 75 Jahre alt. nach schwerem Leiden.
Der Verewigte war Gründer und erster
Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum
Jaanneum. Bis zuletzt betätigte sich der
Gelehrte, der sich sein jugendliches Feuer
bewahrt hatte. als Leiter wissenschaftlicher
Reisen und gestaltete an der Salzburger
Volkshochschule kunstwissenschaflliche Kurse
und varirdge von hohem Niveau. Eine vor
wenigen Jahren erschienene Publikatict über
österreichische Malerei von den Anfängen
bis zur Gegenwart machte seinen Namen
breitesten Bevölkerungsschichten bekannt.
Schon in den späten zwanziger Jahren war
er mit einer ahnlich breitenwirksamen ver-
öffentlichung über die Geschichte der Barock-
baukunsl in Österreich hervorgetreten.
25. Mai: DipL-lng. Anton Valentln beging
den 70. Geburtstag. 1895 in Wien geboren.
besuchte er die Höhere Baufachschute und
die Meislerschule an der Wiener Akademie
der bildenden Künste. Zahlreiche öffentliche
und private Bauten in Wien und Nieder-
österreich wurden von ihm projektiert. viele
seiner Entwürfe mit Preisen und Ankäuren
ausgezeichnet. Der Jubilar ist seit 1951 Mil-
licher Kunst den kiinslier zu dienender
Selbstbescheidung aufrufen sollte. So wollen
wir uns mit der Erwähnung einiger Künstler
und ihrer werke begnügen. die aus den
Fluten anspruchsvoller Mittelmäßigkeit her-
vorragen. rludalr Szyszkawitz beweist mit
seiner .,Himrnelfahrt Marions". daß er ein
guter Maler isi. der aus den Traditionen der
österreichischen Kunst der ersten Hälfte
dieses Jahrhunderts zu schöpfen weiß; zu
seiner "Himmelfahrt Martens" haben Faist-
auer. Baeckl und auch Kokoschka Pate
gestanden -- trotzdem ist das Bild weit davon
entfernt. öde und eklektizistisch zu sein. die
Tradition lebt hier.
Franz Rogler zeigt cerndide mit Motiven aus
dem Heiligen Land und damit Bilder. die
nicht eigentlich "religiös" sind. Reglers
Kunst ist von verfremderischem Realismus.
von packender iranischer Dinglichkeit. die
sich selbst ins Fragwürdige riicki. Ganz
anders der iri Graz lebende und hier hoch-
geschaizie Russe wledimir Zagorodnikow.
(Fortsetzung s. 56)
glied des Wiener Künstlerhauses und Träger
des Goldenen Lorbeers.
Am gleichen Tag vollendete Akad. Maler
Prof. Wilhelm Kaufmann das 70. Lebensjahr.
Der Künstler, Schüler von Rudolf Bacher,
gehörte dem Österreichischen Sonderbund
(Faistauer. Kokoschka. Andersen. Kolig.
Boecki) an. spdter wurde er Mitglied des
Hdgenbundes. der Secession und v 1950 m
des Künstlerhauses. Kaufmann ist als Land-
schafier expressionistischen Traditionen ver-
pflichtet und zählt zu den führenden Porträ-
tislen unserer Zeit. Auch auf dem seltenen
Gebiet der Sportmalerei hat er sich mit
großem Erfolg betätigt. Bilder berinden sich
in vielen Ländern Europas. Sein Name wurde
außerdem durch zahlreiche internationale
Ausstellungen bekannt. Der Jubilar ist
Träger zahlreicher Preise sowie des Goldenen
Lorbeers und der Goldenen Ehrenmedaille
des Konsilerhauses.
1. Juni: Protessoi- Rudolf Pleban. aked. Maler
und Bildhauer, starb in Zwetil (NÖJ an
den Folgen eines Autounfalles. Der Verr
ewigte siond irri 52. Lebensjahr. Er war als
Lehrer an der Graphischen Lehr- und
Versuchsanstalt in Wien tätig. Am 23. Novem-
ber 1913 in Peterwardein geboren. studierte
(Fortsetzung S. 5a)
TERIEURS DER FIRMA WITTMANN, ETSDORF AM KAMP
r nur wenige Tdge zeigie die Polstermdbelfabrik WiNmunn irn Grillparzersual des Palais Pulffy eine Ausslellung. wobei erslrndlig der versiien gewdgi wurde. moderne Modelle in
rbindung rnii allen Möbeln zu zeigen.
I es heuie ie nieni mehr um Fragen des siiles genl. sondern dliein um die der Qnelilai, können eben Möbel unserer Zeil dUFChüUS mil ienen der Vergangenheil lusumrnerlruleben".
Nmunn wcllle ddrnii nichl nur seine Verbindung zur wiener Trddilien dokumeriiiererl - und se 50h rndn seine Möbel lusdrrlmen rnii seleiien von Oskar slrndd GUS den zwanziger Jahren,
l Eiederrneier- und sdreekniebilidr - sendern seine Auffassung von einer Wohrlkullur. die mehr vom persönlichen Geschmack des einzelnen beslimm! isi und nieiii vom modischen
klGL
llürlich fußen die Möbel unserer Zeil der dnderen Geselzmößigkelien und Vorausselzungen dls jene der vergangenen Perioden. sowohl vom Gesichispunkl des Verbrauchers dls von
iern des Preduzenien. se rregi rndn neiiie neen Leichligkeil. Einleeniieii und ßeweglielikeii. Manchmal neben in kleineren Wohnungen die einzelnen Slücke mehrere Fllnklionen zu
Üllen, so nininii neule dcls rneelieniseiie Möbel einen grelien Teil in den Predekiien ein. sieiier sind die ziele dieser Eniwiekleng noch ldnge nieni erreieiii.
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