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gesprochen weltlicher Richtung, selbst wenn sie kirchlich sein wollten,
entstanden (ich erwähne nur die Arbeiten Jamnitzerß und Mantegna's
Kelch, radirt von Hollar 1643). Wie befreiend wirkte die neue-Richtung
auf die Kunst, aber kirchlich war sie nicht mehr. Viele Goldschmiede
freilich arbeiteten an der gothischen Schablone der Kelche fort, weit bis
in's 17. Jahrhundert herein. Die Wiener Goldschmiedarbeiten in Kelchen
blieben noch weit bis in's 16. Jahrhundert recht edel: Kelch von Mauer-
bach, jetzt Austerlitz in Mähren '). Hier war alles blos Gewerbstradition,
und bei den Anhängern der neuen Kunstrichtung war das Religiöse nur
äußerlich, nur anempfunden, die Zeit war der kirchlichen Richtung
abgeneigt, ja es haben sich von da bis in unsere Tage her Stimmen
erhalten, die kirchliche Kunst kennzeichne ein niederes Entwickelungs-
stadium. Es lohnt auch uns nicht die Mühe, diese späten Nachtriebe zu
verfolgen, das ist die Sache derjenigen, deren Beruf oder Vorliebe sie
auf diese für uns ziemlich unfruchtbaren Gefilde treibt. Von einer heutigen
kirchlichen Kunst, die im Kelche ihren specifischen Ausdruck fände, weiß
ich nichts zu erzählen; wir zehren am Gute der Ahnen und sind froh,
ihnen nachzuemphnden, aber gut ist es, zu betonen, dass unsere Vor-
bilder nur in jenen Kunstperioden zu finden sind, welche das Materiale
genau kannten und den Eigenschaften desselben verständig Rechnung
trugen, nicht Formen einer fremden Technik an ihren Werken nach-
ahmten und die wie mit Naturnothwendigkeit die religiösen lcleen in
Gestalten umzusetzen sich bemühten.
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
(Ausstellung kirchlicher Kunst im Oesterr. Museum.) Se. M a-
iestät der Kaiser hat am 18. v. M. die Ausstellung mit Allerhöchst
Seinem Besuche beehrt. Der Monarch erschien Mittags l Uhr und wurde
vom Director Hofrath v. Falke, Vice-Director Bucher und den übrigen
Beamten des Museums empfangen und durch die Ausstellung geleitet. Der
Kaiser verweilte in derselben über anderthalb Stunden und besichtigte
ebenso eingehend und voll Interesse die alten Gegenstände wie die mo-
derne Abtheilung, in welcher er die anwesenden Aussteller mit Ansprachen
beehtte. Nach Besichtigung der Ausstellung begab sich Se. Majestät in
das Atelier des Professors König, um daselbst das für Stuttgart bestimmte
Brunnenmodell in Augenschein zu nehmen.
- Se. kais. Hoheit der durchl. Herr Erzherzog Ludwig Victor
hat am 22. v. M. die Ausstellung mit einem Besuche beehrt.
- Der zur Ausgabe gelangte Nachtrag zum Katalog weist einen
Zuwachs von roo alten und neuen Gegenständen auf. ln den letzten
Tagen gelangte noch unter Anderem ein dem Grafen Hans Wilczek
') Wiener Vßlelxsusstellung Nr. 360;
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