Literatur - Bericht.
Dessins d'Ornements de Hans I-Iolbein, facsimiles en photogravure; texte
par Edouard His. Paris, Boussod, Valadon St C0mp., 1886. Fol.
XLIII Seiten Text und LI Tafeln. Frcs. 2oo'-.
Eine des großen deutschen Meisters würdige Publication wird hier von einer fran-
zösischen Firma in's Werk gesetzt. Die ornamentalen Entwürfe Holbein's, aus allen bedeu-
tenden europäischen Sammlungen vereinigt, geben uns wohl kaum ein neues Bild dieses
reichen Geistes, aber sie sind in ihrer Vollständigkeit geeignet, die Entwickelung und
die Mannigfaltigkeit des Künstlers einem weiteren Kreise vor Augen zu führen. Es ist
dem Werke eine Einleitung über das Leben Holbein's vorangestellt von His in Basel,
dem besten lebenden Kenner des Künstlers, der unsere historische Kenntniss über ihn
nicht nur bereichert, sondern eigentlich geschaffen hat. Sie dürfte in ihrer gedrangten
Kürze die beste Biographie sein, die wir überhaupt von l-Iolbein haben und scheint uns
vor dem weitschichtigen Werke Woltmann's manche Vorzüge zu besitzen. Eine solche
Zusammenstellung von Werken einer Gattung regt die Frage nach der Entwickelung
wieder von Neuem an; ich muss sagen, dass mir der bisher nicht beachtete Einfluss,
den die Werke des Lucas von Leyden auf Holbein in früherer Zeit ausübten, niemals
noch so klar und einleuchtend entgegengetreten ist.
Von großem Werthe ist diese Publication auch für das Kunstgewerbe, das übrigens
aus dem Studium I-Iolbein's, besonders in Wien, schon bisher großen-Nutzen gezogen hat.
F. W.
i
Antike Denkmäler, herausgegeben vom kaiserl. deutschen archäologischen
Institute. I. Bd. t. Heft (1886). F01. Mk. 4o'-.
Nach mehr als fünfzigiahrigem Bestande haben die periodischen Puhlicationen des
deutschen archäologischen Institutes zum ersten Male eine tiefeinschneidende Veränderung
erfahren: die Annali, Monumenti und die archäologische Zeitung haben aufgehört zu er-
scheinen; an ihre Stelle sind die nJahrbücher-t und die nAntiken Denkmäler: getreten. Der
bezeichnendste Zug an dieser Umgestaltung ist die Zurückdrangung der italienischen
Sprache zu Gunsten der deutschen; nur mehr die ausschließlich Italien berücksichtigenden
vßlllltttinia erinnern an die alten Traditionen der Anstalt, welche die classische Archäo-
logie großgezogen hat und nun ohne Zweifel in eine neue Entwickelungsphase tritt.
Das Institut wurde von Deutschen in's Leben gerufen, um einen internationalen Mittel-
punkt archäologischer Studien zu bilden; seine Publicationen nahmen wie ein Sammel-
becken die Arbeiten der Gelehrten aller Nationen auf. Aus mehr als einem Grunde war
es natürlich, dass gewissermaßen als neutrales Verstandigungsmittel die italienische
Sprache gewählt wurde. Aber der ideale Zweck, welcher den Gründern vor Augen
geschwebt hatte, konnte für die Dauer nicht festgehalten werden; denn schon die erfreu-
liche Ausbreitung der archäologischen Studien musste das ursprüngliche feste Zusammen-
halten aller Kräfte lockern. Franzosen, Engländer, Griechen und Italiener losten sich
mehr oder minder von dem Verbunde los und schufen sich eigene wissenschaftliche
Organe. So ist es denn nur der Abschluss einer geschichtlichen Entwickelung, wenn das
Institut die alte Selbstverleugnung aufgibt. Freilich, ob durch diesen Schritt nur eine
Form abgeschaEt worden ist, welcher der Inhalt nachgerade abhanden gekommen war,
oder ob durch ihn der Einduss des Institutes in Italien einen Stoß erlitten hat, das zu
entscheiden bleibe den Eingeweihten überlassen.
Die nAntiken Denkmälern sind, wie schon ertvahnt, an die Stelle der "Monumenti:
getreten. So sehr sie sich ihnen in Gestalt und Aussattung anschließen und sie fort-
setzen, ein Hauptunterschied besteht darin, dass jene der Tafelband für die IAnnBlIl
waren, diese aber ganz selbständig sind. Sie bringen Reproductionen von Denkmälern
aus dem ganzen Umfange der Archaologie einschließlich der Architekturforschung mit
allen der Gegenwart zu Gebote stehenden Mitteln der Technik. Beigegeben ist ein ganz
knapper Text, der nur die zur wissenschaftlichen Benutzung der Abbildungen nothwen-
digen Angaben enthält. Sicherlich ist für die vDenkmaleru, wie dies übrigens auch in
den Juhrbüchern der Fall ist, eine reichere Ausbeutung der deutschen Museen, insbe-
sondere des Berliner, in's Auge gefasst.
Das vorliegende erste Heft von tz Tafeln enthält eine Reihe interessanter Monu-
mente. Wir heben hervor den Marmorkopf auf Tafel 3, eine Copie nach der Athena
Parthenos des Phidias, die durch besonders gut erhaltene Polychromirung und den Helm-
schmuck wichtig ist. Tafel 4 bringt in trefflicher Heliogravure die im Jahre 1884.
gefundene Bronzestatue eines Faustkampfers, ein Werk von wahrhaft brutalem Natura-
lismus. Auf Taf. 7 und 8 ist eine Auswahl altkorinthischer Votivtafelchen im Berliner