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welcher ein längliches Viereck mit abgestumpften Ecken bildet; er dient
als gemeinsamer Speisesaal. Die Wände sind rnit schwarz und ockergelb
geflecktem Marmor und entsprechender Stuccatur incrustirt, dazwischen
aber zahlreiche große Panneaux, von feinstem Marmorcementguss von
Hutterer ausgeführt. Ihre graziöse, jedesmal nach verschiedener Erfindung
gehaltene Ornamentik ruft uns die Grotesken des Vatican, aber zugleich
auch die prunkvollen Entwürfe Berrain's in's Gedächtniss; denn die
Decoration des herrlichen Saales will sich als Renaissance im Sinne
modernster Empfindungsweise geben. Die Embleme, die zierlichen Figuren
haben auf Jagd- und Landleben Bezug, sowie Tilgnefs Kindergruppen
in den Supraporten-Reliefs der fünf hohen Thüren ebenfalls Jagd- und
Gartenbau, Fischfang u. dgl. Beschäftigung andeuten. Das gewaltige
Ovalfeld des reichgegliederten Plafoirds nimmt Tilgnefs großes Stucco:
v-Aurora schwebt vor dem Wagen des Sommers durch die Lüfteu, ein,
eine poetische Composition, welche der Künstler in einer seit der Periode
unserer großen Barockmeister vergessenen Technik sehr glücklich zur
Ausführung gebracht hat. ln den rückwärtigen Ecken des Saales bilden
zwei Nischen Rocaillegrotten, in welchen Wasser über die Muscheln
plätschert; die Kinderhguren hat ebenfalls Tilgner gemeißelt. Der Spiegelv
kamin zur Rechten von dunkelgrünem Marmor enthält ein kleines, höchst
detaillirt behandeltes Bronzerelief: v-Prometheus stiehlt dem Sonnengott
das Feuern, von ScharH 1885 vollendet, vielleicht sein bestes Werk.
Stühle und Tische sind meist mit feinem Blümchenmuster decorirt, auf
Rococotischen stehen kostbare, alte chinesische Porzellangeschirre, Fest-
lichkeit und gemüthvolle Prächtigkeit ist in diesem schönen Raume auf's
Glücklichste vereinigt, der Blick auf das Gartcnparterre und über die
Wälder hinaus auf die Wiener Ebene verleiht ihm ganz besonderen Reiz.
Rechts von hier gelangt man in die Appartements lhrer kais. Hoheit
der Frau Erzherzogin Marie Valerie. Sie sind im Charakter des Rococo
heiter geschmückt, einzelne Möbel und Panneaux mit Engelköpfen und
Blumen von Frau Max-Ehrler in zarter Weise bemalt. Von hier führt
die erwähnte Wendeltreppe des schönen Stiegenthürmchens hinauf in die
Wohnräume Ihrer Majestät, ein kleiner Prachtbau von weißem Marmor
aus Laas in Tirol.
Auf der linken Seite des Entree's liegt das Stiegenhaus, welches in
der ganzen Höhe des Hauses emporsteigt. Es ist ein Raum von eigen-
artigem Reiz. Gänzlich mit braunem Holz getäfelt (von Hoftischler Paulik)
hat es gleich dem Vorsaal deutschen Renaissance-Charakter; der Fuß-
boden ist mit schwarzem und weißem Marmor gepflastert. Die um die
Wände im Winkel laufende Treppe ist mit Stufen von Sterzinger Marmor
versehen, über welche Teppiche gebreitet sind. Ein Meisterwerk öster-
reichischer Kunstidustrie muss man das Treppengeländer nennen, welches
im reichsten Renaissancestil aus Eisen und Bronze von Milde und Hanusch
gearbeitet ist; von Letzterem rühren auch die bronzenen Armleuchter