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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 9)

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dass ein Zuviel der decorativen Absicht den schönen Gesammteindruck 
zu zerstören droht. 
Als Beispiele der späteren Art des Ornamentes sei nur mehr auf 
das Groteskbuch von Georg Wechter von 1579 mit seinen Masken und 
stilisirten Blumen zwischen breitem Band und Schweifwerk aufmerksam 
gemacht und auf die schönen Umrahmungen von Meyer 1584; ja sogar 
Jost Amman's auf den ersten Blick so bestrickende Rahmen zu den 
einzelnen Theilen seiner Perspective von 1568 deuten schon den Ausklang 
der deutschen Ornamentik an. Da gibt es Tischlerarbeit mit Allegorien, 
Masken, Trophäen, Blumen und Früchten bis zur Ueberfülle, und in 
dieser Art geht es weiter im vollen Chor mit gesammtem Orchester, in 
stetem Fortissimo mit allen Elementen der Ornamentik. Das ist eben 
schon die Barocke, im Gegensatze zu der einfach edlen Formenbildung 
und Linienführung der Frührenaissance, und damit bin ich am Schlusse 
meiner heutigen Betrachtung angekommen. 
Zur Vervollständigung des Bildes der besprochenen und vom großen 
Publicum so vielfach verkannten Meister gehört noch die Würdigung 
der Gemälde, welche wir von einem oder dem anderen derselben besitzen. 
Dies würde aber ein eigenes, recht ausgiebiges Capitel für sich 
erfordern und darum muss ich mich darauf beschränken, diese Seite der 
genannten Meister blos anzudeuten. 
Und so sei mir schließlich nur noch eine Frage gestattet. lst mit 
Bezug auf die immerhin berechtigte, weil vorhandene Strömung zum 
Barock und Rococo, in welcher wir heute bereits mitten inne stehen, 
die deutsche Renaissance wirklich als abgethan und abgestorben für 
immer anzusehen? - Ich glaube nein! So gut die Antike im Laufe 
der letzten Jahrhunderte bereits mehrmals das Stahlbad wurde zur Kräf- 
tigung der entnervten Kunst, so gut wird die deutsche Renaissance, 
welche ja schon in unseren Tagen eine Wiedergeburt erfahren hat, im 
Laufe der kunstgeschichtlichen Entwickelung gewiss noch einmal zu 
Ehren und neuem Leben erblühen. Sie ist ja, wenngleich in italienischer 
Uebertragung, mit einer starken Dosis der Antike versetzt und diese 
birgt das Gebeimmittel der Unsterblichkeit! 
Die kaiserliche Villa im Thiergarten. 
Von Dir. Dr. A. llg. 
(Schluss) 
lm großen, gemeinschaftlichen Saale treten wir dagegen wieder in 
eine ganz moderne Kunstsphäre ein. Er hält dem darunter befindlichen 
Speisesaal an Reichthum der Ausstattung die Wage, jedoch in verschie- 
denem Typus: statt des monumentalen Gepräges, welches jenem Marmor 
und Stucco verleihen, herrscht hier ein leichteres, zierlicheres Wesen
	        
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