MITTHEILUNGEN
DES
K. K. OESTERREICH. MUSEUMS
KUNST UND INDUSTRIE.
Herausgegeben und redigirt durch die Direclion des k. k. Oesterr. Museums.
Im Commissionsverlag von Carl Gerohfs Sohn in Wien.
Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Nr. 22. (263) M WIEN, Oclober 1887. N. F. II. Jahrg.
lnhnlt: Epilog zur kirchlichen Ausstellung. Van J. v. Falke. - Franz Kosch 1'. - Die Formen des
antiken Goldschmnckes. Vnn J. Folnesics. (Form) - Angelegenheiten des Oesterr. Museums
und der mit demselben verbundenen Institute. - Literalnrhericht, - Bibliographie des Kunst-
gewerbes. - Notizen.
Epilog zur kirchlichen Ausstellung.
Von J. v. Falke.
Wir haben also, wie es programmmäßig bestimmt war, am 3x. August
unsere kirchliche Ausstellung geschlossen, schweren Herzens, denn gewiss
haben Viele mit uns den Wunsch getheilt, dass das, was hier durch
Eifer und guten Willen und Vertrauen zusammengebracht worden, auch
für ewige Zeiten beisammen bliebe, als ein Museum, dem in dieser Art
kein zweites hätte sich an die Seite stellen können. Das war nun freilich
ein pium desiderium, richtiger gesagt ein impium desiderium, denn wir
hätten ja unfrommer Weise die Kirchen ihrer Schätze berauben müssen.
Es wäre auch ungerecht und undankbar gewesen, denn die Kirchen
waren es doch ganz allein, welche uns die Kunstwerke des Mittelalters
bewahrt haben, und nicht bloß die geistlichen oder kirchlichen Werke,
sondern auch die weltlichen, denn auch, was wir von weltlicher Kunst-
arbeit jener frühen Zeit noch besitzen - es ist sehr wenig im Verhält-
nisse - das ist fast Alles nur durch die Kirche auf uns gekommen.
Palast und Haus und Burg haben nur zu oft und gründlich hergegeben
und dem Verderben überlassen, was sie einmal Gutes besaßen. Wo sind
die Schatz- und Kunstkammern der französischen Könige aus dem Hause
Capet und Valois, wo die der burgundischen Herzoge, wo die Kaiser
Karls IV] Danken wir also der Kirche, dass sie die treue Hüterin so
vieler Kunstarbeiten gewesen, die uns allein durch ganze Partien der
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