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Zur Geschichte des Möbels im 18. Jahrhundert.
Von Dr. A. Riegl.
2. David Roentgen.
(Schluss.)
Der Aufbau ist ein massiger: Auf einem viereckigen Kasten ruht
ein etwas kleinerer Aufsatzkasten, der nach den Seiten hin gegen seine
Unterlage etwas zurücktritt, während nach vorne die Vermittlung zwischen
beiden Kasten durch ein schräges Pultbrett hergestellt erscheint, das zu
dem äußerst complicirten inneren Mechanismus führt. Der untere Kasten
ist an der Vorderseite durch Pilaster in drei Felder getheilt, die zugleich
als Thüren zu öffnen sind, gefüllt mit Darstellungen der Malerei, Archi-
tektur und Geographie in lntarsia. Links sitzt ein Mann an der Staffelei,
in der Mitte zirkelt ein Architekt auf einem Grundriss, rechts sehen wir
einen mit Turban bedeckten Mann am Globus beschäftigt, während ein
anderer im Kartenatlas blättert. Die trennenden Pilaster sind mit Lorbeer-
guirlanden in vergoldeter Bronze verziert; in gleichem Materiale ist der
Schmuck des Frieses hergestellt, der sich zwischen die genannten drei
Felder und den vermittelnden Pultdeckel einschiebt: dorische Triglyphen,
in den Zwischenfeldern antikisirende Guirlanden mit Hatternden Bändern,
an den beiden Ecken Löwenköpfe. Der Pultdeckel zeigt der ganzen Breite
nach um einen langen Tisch gruppirt vier sitzende Violinspieler und eine
stehende Frau mit Notenblättern in den Händen; rechts etwas abseits
steht ein Flötenbläser. Die Gruppe versinnbildlicht augenscheinlich die
Musik. Der Aufsatzkasten zerfällt wieder in drei Thürfelder, die durch
zwei composite Viertelsäulen gegen die Mitte und zwei schräge Pilaster
an den äußeren Kanten abgegrenzt sind. lm mittleren Felde erblickt
man eine Säule, in deren Sockel ein Steinmetz die Buchstaben F. W.
rneißelt, während in ihren Schaft Minerva das in Miniaturmalerei aus-
geführte Brustbild des Königs Friedrich Wilhelm ll., eines weißhaarigen
Mannes in blauem Rock mit rothem Saum und großem Ordensstern
befestigt. Links neben dieser Darstellung der Sculptur ist der Handel
(oder die ArithmeIikP), repräsentirt durch zwei unter einer Palme mit
Rechnungsbüchern beschäftigte Turbanträger; am Boden steht einWaaren-
ballen mit der Chiffre Diese Chiifre findet sich (nach Champeaux,
II, 276) auch auf einer Intarsiafüllung im Kensington-Museum, mit der
Darstellung des Seehandels, vermuthlich eine einfache Wiederholung des-
selben Gegenstandes. Neben jener Chiffre befindet sich nach Champeaux
noch die Bezeichnung: N" lZ , die er in das Monogramm noch einbeziehen
zu müssen glaubt. Letzteres ist nun offenbar ein Missverständniss, denn
die Darstellung auf dem Berliner Secretär zeigt auf dem Boden liegend
ein Journal mit der Aufschrift: H" IX, daneben Blätter mit Rechnungen;
aber auch das vorangehende scheint rnir lediglich eine kaufmännische