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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 1)

denke, was dem Aeußeren recht, ist es auch dem Inneren. Die Confession 
kann höchstens in der Art des Schmuckes einen Unterschied verlangen. 
Es ist auch die Kirche unter allem Wechsel der Kunststile beständig 
in ihrem Inneren geschmückt worden, bald mehr bald minder reich, 
mehr oder minder vollkommen, mehr oder minder würdig, wie der Zeit- 
geschmack, die Mittel, das Talent es erlaubt haben. Und es ist falsch, 
wie ich das schon angedeutet habe, dass das Christenthum der ältesten 
Zeiten die Kunst angefeindet habe. Allerdings haben einzelne Kirchen- 
väter gegen die Kunstwerke gepredigt und geschrieben, aber sie meinen 
die Bildsäulen der heidnischen Götter, und da ist es ihnen allerdings 
gleichgiltig, oh das Werk ein classisch vollkommenes sei oder nicht; sie 
richten sich gegen die Verehrung, die denselben zu Theil wurde, gegen 
die Verehrung der Götter, welche in ihnen dargestellt waren. 
Es konnte auch gar nicht anders sein, seitdem die christliche Lehre 
aus ihrer ursprünglichen Geburtsstätte auf den hellenisirten und romani- 
sirten Boden verpflanzt, durch das römische Reich verbreitet worden und 
in Rom selber ihren Hauptsitz aufgeschlagen hatte. Zählte doch das 
erste Christenthum auch viele Künstler zu seinen Bekennern! Diese 
classisch-antike Welt war so von Kunst erfüllt, die Kunst gehörte so 
zum Wesen und Leben in allen Provinzen des großen Weltreiches, war 
so ein Theil der Bildung, dass eine neue Lehre, wie fremd auch immer 
sie auftrat, daran nichts ändern konnte und sich dem allgemeinen Geiste 
hierin unterwerfen musste. 
Und so war es auch, und so finden wir es thatsächlich bestätigt, 
wenn wir uns nach den ältesten Spuren einer christlichen Kunst um- 
sehen. Diese Spuren - mehr als Spuren, denn sie sind reichlich vor- 
handen - steigen in sehr frühe Zeit hinauf, selbst in das erste Jahr- 
hundert unserer Zeitrechnung. Freilich, eigentliche kirchliche Gebäude 
aus dieser frühen Zeit sind uns nicht erhalten; sie waren auch kaum 
vorhanden. Die ersten Christen kamen zu ihrer gemeinsamen Andacht, 
zu ihren Festen und Liebesmahlen in den Häusern ihrer vornehmsten 
und reichsten Bekenner zusammen, deren Häuser, nach der Bauart und 
Lebensweise jener Zeit, einen großen Saal, den Oecus, zu geselligen 
Zwecken hatten. Als dann die Christenverfolgungen begannen, stießen 
diese Zusammenkünfte auf Schwierigkeit, und so traf man sich an den 
unterirdischen Grabstätten. Es war Sitte in Rom, dass sich Gesellschaften 
bildeten, durch welche ein jedes Mitglied mit geringen Einzahlungen 
sich ein anständiges Begräbnis: sicherte. ln dieser Art, scheint es, hatten 
sich auch früh die Christen zusammengethan, gemeinsame Grabstätten 
gekauft oder solche in der Umgegend Roms auf dem Besitz ihrer vor- 
nehmsten Glaubensgenossen gefunden. Diese Coemeterien der Christen 
waren, gleich den Columbarien der heidnischen Bewohner Roms, tief in 
dasiweiche Gestein eingegraben, und wuchsen, je mehr sie benützt und 
damit erweitert wurden, zu Gängen und Sälen an, die auch in mehreren
	        
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