Literatur - Bericht.
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserbauses.
VI. Bd. z. Hälfte, VII. Bd., VIII. Bd. Wien, 1888.
Wiederum liegen drei mächtige Bande dieses großen literarisch-artistischen Unter-
nehmens vor uns. Wenn Fleiß und Ausdauer so fortschreiten - und warum sollten
sie nicht? - so ist binnen wenigen Jahren die Reihe jener großartigen Sammelwerke,
welche den Stolz der Bibliotheken bilden, um eines vermehrt worden. Was Bedeutung,
Neuheit und Gediegenbeit des Inhalts betrifft, so stellt es sich ihnen würdig zur Seite
und steht ihnen vielfach in der Ausstattung voran, kann es sich ja doch all' der typo-
grapbischen und artistischen Vortheile bedienen, welche die Erfindung unserer eigenen
Zeit bilden. - Ion diesen drei Banden bietet der erste den Schluss des Weißkunigs
mit dem ganzen literarischen Apparat, den der Fleiß des Herausgebers Professor Alxvin
Schultz zur historischen Erklärung zusammengebracht hat. Es ist nicht allein diese Fülle
der Mittheilungen und Erläuterungen in der Einleitung wie in den Anmerkungen, welche
diese Ausgabe des Weißkunig würdig und werthvoll macht, sie gibt auch zum ersten
Mal einen Begriff von dem, was artistiscb in der Absicht des Kaisers Maximilian und
seiner künstlerischen Mitarbeiter lag. Denn zur Zeit, da die erste Ausgabe des vom
Kaiser bei seinem Tode unvollendet und unedirt hinterlassenen Werkes gemacht wurde,
erst im Jahre 1775, hatte man weder das Verstandniss noch die Fähigkeit, eilten guten
alten Holzschnitt richtig zu drucken, noch besaß man das dazu nothige Papier. Die
vereinzelten Probeabdrücke aus maxirnilianischer Zeit, wie sie im Liechtenstein'schen
Sammelcodex erhalten sind, gaben allerdings eine Idee, aber wie Wenigen sind sie zu
Gesicht gekommen! Hier in dieser neuen Ausgabe haben wir also erstens die voll-
kommene künstlerische Wiedergabe der Originalholzstocke sammt einer Anzahl der
gezeichneten Skizzen, zweitens den richtig gestellten begleitenden Text, drittens die
nothwendigen historischen und sachlichen Erklärungen über diesen Wahrheit und Dichtung
vereinenden geschichtlichen, in Thaten, Worten und Namen absichtlich verstellten Roman,
und viertens noch die Beigabe einer selbstgeschriebenen oder dictirten Biographie des
Kaisers, so viel davon fertig geworden und sich erhalten hat. Auf das Einzelne ein-
zugehen, verbietet uns allerdings der Raum, der uns hier zur Verfügung steht, und wir
müssen uns leider auf diesen kürzesten Bericht beschränken.
Dasselbe ist der Fall bei dem siebenten und achten Bande. Jener gibt in seinem
ersten Theile eine Reihe von Abhandlungen, von denen insbesondere die zwei ersteren,
die Genealogie des Kaisers Maximilian I. von Simon Laschitzer, und das altere Gebetbuch
dieses Kaisers von E. Chmelarz wiederum die maximilianischen Kunstschopfungen betreffen.
Diese Abhandlungen sind aber nicht bloß wissenschaftliche und geschichtliche Erörterungen,
sondern sie enthalten zugleich die Abbildungen der genannten Werke und sind somit als
neue Ausgaben zu betrachten. Weitere Abhandlungen dieses ersten Theiles geben Erorte--
rungen von Edmund Weiß zu Dürer's geographischen, astronomischen und astrologischen
Tafeln, ebenfalls mit den Bildern, sowie Beitrage zur Geschichte der Kunstbestrebungen
Karl's V. und Philipp's ll. vom königlichen Bibliothekar Manuel R. Zarco della Valle in
Madrid. Der zweite Theil des siebenten Bandes bringt in Urkunden, Regesten und son-
stigen Mittheilungen wiederum neues Material zur Kunstgeschichte des kaiserlichen
Hauses vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, einschließlich einer neuen Ausgabe des Pro-
dromus zum Theatrum artis pictoriae in den Stichen von Franz von Stampart und
Anton von Prenner.
Der achte Band wendet sich wieder dem Kaiser Maximilian zu und gehört ihm
ganz. Er enthält eine neue Ausgabe des Theuerdank nach der ersten, der besten und
zugleich seltenen oder in festen Händen befindlichen Ausgabe von 1517, hergestellt auf
photolithographischem Wege in Hochätzung durch die Anstalt von Angerer 6c Gbschl.
Hat diese Technik auch nicht die Möglichkeit, die Wirkung des Originals zu erreichen,
so kommt sie doch derselben sehr nahe. Begleitet ist diese von Simon Laschitzer besorgte
Ausgabe mit einer Einleitung, welche mit gewohnter Umsicht, Sorgfalt und Kritik das
literarische und geschichtliche Material zusammenstcllt. Mit dieser Ausgabe ist nun der
Kreis der literarisch-a stischen Unternehmungen des Kaisers geschlossen. Der Triumph-
zug, die Ehrenpforte, die Genealogie, die Heiligen, der Theuerdank, der Weißkunig, sie
sind nun sammtlich in diesem großartigen Sammelwerk enthalten. Wenn uns noch etwas
zu wünschen übrig bleibt, so wäre es eine kunstgeschichtliche Monographie, welche in
lesbarer Darstellung ein Gesammtbild von den künstlerischen Bestrebungen Maximilian's
gibt, ein gut und interessant geschriebenes Buch, das in sehr viele Hande gelangen
kann, während diese mächtigen Bande doch nur den engsten Kreisen erreichbar sind.
Sie enthalten aber vollkommen das Material dazu und bleiben damit zugleich ein Denkmal
ihres nun scheidenden Redacteurs Quirin von Leitner. J. v. F.
it-