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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 2)

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uns vorliegende Veröffentlichung und voraussichtlich -deren Fortsetzung veranlasst hat. 
Hatte der erste Band der Nlelanges d'art et d'archeologie sich mit demSchatze von Trier 
beschäftigt, so dieser mit den Erzeugnissen der Limousiner Goldschmiedekunst. Die 
Limousiner Schmelzwerke sind durch de Linas in classischer Weise behandelt worden; 
naturgemäß finden wir unter den von Palustre herausgegebenen Stücken eine Anzahl 
von Schmelzwerken, welche ganz den Charakter aufweisen, wie ihn de Linas angegeben 
hat. Darunter Stücke von bedeutender Schönheit, welche gewiss nicht der fabriksmaßigen 
Mache angehören. sondern auf Bestellung gearbeitet sind, wie die Schreine Nr. IX, X, XI. 
In anderen Stücken aber zeigen sich die Limousiner auch als tüchtige Goldschmiede, 
wie eben nicht anders zu erwarten ist. Wir finden in Nr. Xll eine in hohem Relief 
getriebene sitzende Figur des heil. Apostels Jacobus auf einer emaillirten Kupferplatte, wie 
eine Weiterbildung des limousinischen Brauches, die Kopfe der Heiligen in Relief auf 
die Emailplatten zu setzen (I3. lahrhJ. Wir sehen in Nr. XVII die Vereinigung einer 
großen Anzahl von Techniken des Goldschmieds, ehenso in dem Reliquiar XX (nPhylak- 
teriau); auch die Statuetten XXII und XXIII konnten Limousiner Erzeugniss sein. In- 
schriftlich als Limousiner Arbeit gesichert ist Nr. XXVII, die Büste des heil. Ferreolus 
vom Jahre 1346, gearbeitet von Aymiricus. Sohn des Christian, Goldschmied in Limoges. 
Weniger gesichert sind die Büste der heil. Valerie, Nr. XXVIII , und der hervorragend 
tüchtig gearbeitete Kopf des heil. Stephanus, des Freundes von Grandmont (XXIX). 
Sicher als ausländisch bezeichnet der fern von allem Localpatriotismus mit strenger 
Kritik vorgehende Autor die Stücke I, III, VII, XIX, welche denn auch in der Einleitung 
genauer besprochen werden. Aufdein Stücke Nr.VllI kommt ein aus nebeneinandergesetzten 
Streifchen (lamelles iuxtaposees, soudees au feu) bestehendes Email vor, in welchem der 
Verfasser das alte -Vcnezianer Schmelzwerku vermuthet. Aehnliche Arbeiten finden sich_ 
in der Sammlung Spitzer (n. .lahrh.), in Mailand und Rom. Die Frage, welche der Vera 
fasser aufwirft, verdient genaue Untersuchung. Soll ich meine Meinung aussprechen, so 
möchte ich vielmehr die stark an die orientalischen StoGe erinnernden Emaillen des 
Reliquienschreines von Bellac mit ihrem dem Limousiner Email geradezu entgegen- 
gesetzten Principe ihrem Ursprünge nach in die Lombardei oder in's Venezianische ver- 
setzen, einmal weil sie mir einen Uebergang vom cloisonne (mit seiner in Farbe gesetzten 
Zeichnung und dem metallenen Grunde) zum champleve, das sich besonders auf die Be- 
malung des Hintergrundes wirft, zu bilden scheinen, und dann weil die in den Grund 
gemalten Blätter, ja die ganze Zeichnung mich unwillkürlich an die Zeichnung der Me- 
daillons am Tassilokelche erinnern, der ia in der Lombardei entstanden sein dürfte. Doch 
ist auch dies nur Hypothese und mag nur vielleicht den Weg angeben, auf welchem nach- 
esucht werden soll. Das KanncheMXlX) mochte ich in seinem alten Bestande, wenigstens 
in Betreff des Krystallbehalters, für orientalische Arbeit halten, wie ein solches Gefäß 
auch in der Domkirche von Halberstadt und mehrere in der Schlosskirche zu Qued- 
linburg sich befinden. 
Ein besonderes Gewicht legt unser Verfasser auf die Kritik und auf die Symbolik, 
und lasst dieser gegenüber die genaue Beschreibung etwas zurücktreten, doch ist immer 
auch diese noch genügend, um den Leser über keines der Stücke im Unklaren zu lassen. 
Das kann nun von den Abbildungen nicht gesagt werden. Vergebens sucht man hie 
und da an denselben die Bestandtheile, welche der Text beschreibt. Die Schuld liegt 
daran, dass zu wenig Abbildungen geliefert worden sind, aber auch an der ungenü- 
genden Reproduction. Die Mangel der Heliogravure treten auf mancher Tafel auch dem 
für diese Reproductionsart Eingenommenen in sehr unangenehm fühlbarer Weise entgegen. 
Die ersten Tafeln des Werkes lassen an Unklarheit und geringer Plasticität 
nichts zu wünschen übrig, ja es mag scheinen, als seien die Photographien gar nicht 
nach dem Originale aufgenommen worden. Die Contouren sind sehr oft geradezu ver- 
wischt, selbst an Stücken, welche zu den bestreproducirten des Werkes gehören (z. B. 
Nr. XXIV); die Art, wie am Kreuze (Nr. XIV) die Unsicherheit des Contours durch den 
Grabstichel zu beheben versucht wurde, macht eine unangenehme Wirkung: im oberen 
Theile des Kreuzes (in dem Kreise) hat sie dahin geführt, dass dem Beschauer die 
Augen Bimmern, so wenig stimmt das photographische Original mit den Linien des 
Graveurs. Dasselbe Flimmern der Augen fühlt man aber auch noch beim Besehen 
anderer Stücke. Dazu kommt noch die eigenthüniliche graue Färbung der Heliogravure, 
die geringe Fähigkeit der Schattengebung und die Verschwommenheit jener Formen, 
die nicht mehr in der Brennweite der Linse liegen (z. B. am Fuße des Reliquiars pl. XX). 
Die Heliogravure muss noch bedeutende Fortschritte machen, wenn sie mit dem Holz- 
schnitte (nach Uebertrag der Photographie auf das Holz) concurriren will! - Sonst ist 
die Ausstattung des Werkes gegenüber dem nicht zu hohen Preise anerkennenswerth, 
Nnn.
	        
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