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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 2)

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Flächen einhält. Alles kleinliche Detail verwirrt. lst es schon die Kirche 
an sich, welche Ruhe in der Composition verlangt, so ist es noch mehr 
das glänzende Material selber; ohne Ruhe würde nur ein Gefunkel ent- 
stehen, welches nicht Aden Eindruck der Feierlichkeit, der Erbabenheit, 
der Größe hervorruft, sondern den eines weltlich eitlen Schimmers. 
Durchaus in jenem Sinne haben die Mosaicisten der ersten Epoche und 
auch jene noch im zwölften und dreizehnten Jahrhundert ihre Technik 
behandelt. Es sind keine vollkommenen Künstler mehr, welche ihre Kunst 
in jeder Weise gründlich und richtig kennen und handhaben. Mit dem 
allgemeinen Verfall derfKunst haben auch sie die fehlerlose Zeichnung 
verloren; nur noch bekleidete Gestalten um sich sehend, ist ihnen die 
Kunde des Nackten entschwunden: sie zeichnen die Körpertheile unsicher, 
die Glieder unbestimmt, die Gelenke unarticulirt. Sie sündigen gegen die 
Gesetze der Perspective und der Proportionen; sie zeichnen alles wie 
auf einer Fläche, stellen große und kleine Figuren neben einander und 
fehlen insbesondere in der perspectivischen Darstellung der Gebäude. 
Nichtsdestoweniger verfehlen sie ihre Wirkung nicht, und wie es 
scheint, sind sie sich derselben wohl bewusst. Sie halten ihre Figuren 
groß, gewaltig, einfach und klar; wir schrecken oft vor der mächtigen 
Christusfigur und den strengen, ernsten Gestalten der Apostel. Der tief- 
blaue Himmel mit goldenen Sternen, der dunkelgoldige Grund, von dem 
sich die Figuren abheben, die leuchtenden Farben der Gewänder, der 
blumige Wiesengrund, der das Paradies vorstellt, die trennende und 
umrahmende Ornamentik, das stimmt alles in so vollkommener Har- 
monie zu feierlicher Pracht zusammen, dass eine triumphirende, von 
Weltlichkeit und Dogmatismus noch nicht ergritfene Kirche keinen ent- 
sprechenderen und würdigeren künstlerischen Ausdruck hätte finden können. 
Die Glasmosaik, so angewendet wie in ihrer ersten Epoche - freilich 
ohne die Fehler der Zeichnung - ist der schönste und großartigste 
Schmuck der christlichen Kirche. 
Die alten Künstler, wie gesagt, hielten die Compositionen klar und 
einfach, die Figuren nach Thunlichkeit getrennt. Auf jenem sogenannten 
Triumphbogen, der die Apside vom Schiffe trennt, thronte der Erlöser 
in seiner Glorie, vorragend an Glanz und Größe, über ihrn die Zeichen 
der Evangelisten, neben ihm oder in der Kuppel umhergestellt, die 
Einzelfiguren der Apostel. Hier am Triumphbogen, in der Apsis oder in 
der Kuppel kam die siegende Kirche zum Ausdruck; an den Wänden 
der Schiffe entlang waren Scenen und Begebenheiten aus dem alten und 
neuen Testamente dargestellt. Künstler und Geistlichkeit, die nun einen 
Einfluss auf die Darstellung gewann, waren hierin weiter gegangen als 
in den Malereien der Katakomben. Die unklinstlerischen Symbole ver- 
schwanden und das Persönliche, Reale, Geschichtliche des Christenthums 
gelangte immer zahlreicher zur Darstellung. Das Christenthum musste 
mit seinem Bilderkreise die reiche künstlerische Welt des heidnischen
	        
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