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und nicht in den Pfahlbauten eingestellt zu denken haben werden. Das
Heranziehen des Viehs und der Getreidevorräthe geschah wohl nur zur
Zeit feindlicher Ueberfälle, wo der Steg, der ans Land führte, abgebrochen
ward. - Die Fauna dieser Zeit ist schon eine sehr ausgebreitete: Ich
hebe von Jagd- und Hausthieren nur die wichtigsten hervor. Mammuth,
Höhlenbär, Rhinoceros sind ausgestorben; das Rennthier, der Vielfrass
.nach Norden gedrängt; das Elenn, der Auerochse, der Urochs (bos pri-
migenius) und der braune Bär. Der Hirsch, das Reh und Wildschwein
bilden die vorzüglichsten Jagdthiere; die Ziege, das Schaf, 2 Rinderspecies,
das Haus- und Torfschwein, sowie der Hund sind als die wichtigsten
Hausthiere zu betrachten.
An Nährpßanzen und Fruchtgattungeu kennen wir, als im Besitze
der Pfahlbauer der Steinzeit, den Weizen, die Gerste, die Hirse, den
Emmer; an Obstgattungen den Apfel und die Birne, von denen es zweifel-
haft ist, ob sie hier heimisch waren, oder 0b unsere Holzäpfel, welche
mit ersteren {sehr viel Aehnlichkeit haben, von den Pfahlbauern einge-
führt worden sind und nun im verwilderten Zustande in unseren Wäl-
dern sich vorfinden; an heimischem Qbst die Haselnuss, die in grossen
Quantitäten vorkommt, Himbeere, Brombeere, Erdbeere, Buchnüsse,
Sehlehen- und Traubenkirsche. An Nutzpflanzen kannten sie endlich
den Flachs und die Verwendung des Lindenbastes.
lm Zusammenhange mit dieser erhöhten Culturstufe entwickelten
sich auch die Industrien, welche ich Ihnen nun einzeln, soweit sie uns
anschaulich sind, vorführen werde. Die wichtigste Neuerung für den
Menschen war unstreitig die Bereitung des Brotes. Auf flachen Steinen
wurde mit den runden handlichen Kernquetschen das Getreide zerdrückt
und auf heissen Steinen wieder mit Wasser gemengt ausgebacken.
Reste solchen Brotes fanden sich in Robenhausen.
Des Feuersteins und der Bearbeitung desselben habe ich schon
früher Erwähnung gethan, und kann hier umsornehr diesen Industrie-
zweig übergehen, als er in ganz derselben Weise betrieben worden zu
sein scheint. Nur Eines Umstandes will ich Erwähnung thun: Zur Ge-
winnung des Feuersteins aus grösseren Tiefen, wo er, wie ich früher
bemerkte, sich leichter für die Bearbeitung eignet, grub man Schächte
durch die Erdschichten, die auf der Kreide und dem Feuerstein lagern,
und holte ihn aus einer Tiefe von 4-5 Klaftern heraus. Iräßelgien,
bei Spienne, fanden sich solche Feuersteinbergwerke. Tausende von
halbvollendeten Steinwaffen überdecken heute noch die Oberfläche, und
es scheint, dass dieser Artikel als Handelswaare nach all denjenigen Län-
dern gesendet wurde, welche minder guten Feuerstein besassen. Die
Formen in dieser Periode sind mannigfach, die Bearbeitung sehr voll-
kommen, obwohl sie bei uns nie die Vervollkommnung der nördlichen
Feuersteinwaffen erreichen, und nur wenige ganz schöne Exemplare in.
Polen oder dem nördlichen Deutschland bis jetzt zum Vorschein kommen.