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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1873 / 92)

4.1.: 
stangen durch einen Querbaum verbunden ist und mit einem Bogen in 
Bewegung gesetzt wird, öfter gewechselt, der Steinzapfen in der Mitte 
des Loches, wenn er genügend ausgebohrt war, weggeschlagen. Eine 
grosse Reihe von halb vollendeten Bohrungen bestätigt die Wahrschein- 
lichkeit einer derartigen Bearbeitung. 
Eine weitere Industrie, die der Töpferei, erscheint in den Pfahlbauten 
der Steinzeit manchmal so entwickelt, dass eine Art der Drehscheibe auch 
damals schon bekannt sein musste. Und ist es zu vermuthen, dass wenn 
diese Drehscheibe auch unvollkommen war, wie diese ursprüngliche Dreh- 
bank oder der später zu beschreibende Webstuhl, sie trotzdem durch das 
unmittelbare Bedürfniss hervorgerufen ward. S0 leicht die kleinen Gefässe 
aus freier Hand geformt sein können, so ist es bei grösseren doch kaum 
möglich, die Wände zu bilden und den Boden zu ebnen, ohne den Thon- 
klumpen auf eine Basis zu stellen und diese Basis in irgend einer Weise 
herumzudrehen. Nun sind aber die meisten Böden der grösseren Gefässe 
Bach und an den Wänden innere kleine Umlaufsringe bemerkbar, die von 
den Hautfurchen der Fingerspitzen herrühren. Die rundlichen und meissel- 
förmigen Knochen-Instrumente gleichen ausserdem ganz denselben Hölzern, 
wie die Töpfer sie heute noch anwenden. Mit den spitzigen Knochen- 
theilen, sowie mit den Fingernägeln und Fingerspitzen wurden die Ver- 
zierungen gebildet. Der Henkel beginnt mit einem Knopf, der nur einer 
Schnur den Durchgang erlaubt und vergrössert sich bis zu der noch heute 
gebrauchten Form. Die Stylistik, die Contouren dieser Gefässe sind edel, 
die Verzierungen so rnannigfach, dass sie als Grundlage der hochent- 
wickelten Motive etrurischer und keltischer Zeit gelten könnten. Wir 
finden an typischen Formen: das bornbenartige Gefäss, wie es in Mähren 
und Oesterreich vorkommt, die urnenartige Form, mit verschiedenartigen 
Modulationen des rundlichen Untertheils, die Form des Kruges und der 
Schüssel. Als Verzierungsmotive den Punkt, den Kreis, das Dreieck 
und die Linie; gebrochene mäanderartige Linienverbindungen, wiederholte 
Kreise und Kreisfragmente sind nicht selten. Nie aber fand ich in dieser 
Zeit ein Pflanzen- oder Figurenmotiv gezeichnet. Man sollte denken, dass 
nachdem die Form doch oHenbar auch den Gesetzen der Entwicklung 
unterliegt, wesentlich durch Anschauung nachgeahmt 'und nach einer 
gewissen stylistischen Richtung hin weiter entwickelt wird, sich iin diesen 
ursprünglichen Forrntypen ein Motiv finden lässt, welches die Völker 
der frühesten Perioden schon unterscheidet und welches einen Anhalts- 
punkt gibt, die Verwandtschaft der späteren Culturen nachzuweisen. Doch 
ist dies bisher nicht gelungen, da auch hier die weitgehendsten Vergleiche 
ermöglicht sind, weil die entferntesten Länder in ihrer primitiven Cultur- 
stufe oder auch die noch lebenden Naturvölker in ähnlicher Weise wie 
unsere Pfahlbauer die mannigfachsten Verzierungen und Formtypen 
anzuwenden wussten, und untereinander darin sehr häufig sich vollkom-
	        
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