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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 100)

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getragen werden, dass die Lehrer selber im sranae sind, diesen hßheien Gesichts- 
punkt einzunehmen und bei Ertheilung ihres fachlichen Unterrichtes inne zu 
halten. Wenn diese Auffassung angenommen wird, so liegt auch in keiner Weise 
die Gefahr vor, dass durch die kunstwissenschaftlichen Elemente des Unterrichtes 
der Lernende zerstreut und seine Aufmerksamkeit abgelenkt wird. lch weiss 
aus meiner eigenen Erfahrung, dass das Befremden, welches die Benutzung 
eines ungewohnten Lehrmateriales bei den Schülern zuerst selbstverständlich 
erregt, durch ein unbefangenes und nicht ganz ungeschicktes Verhalten des 
Lehrers bei der Einführung und Benutzung desselben sehr bald verschwindet, 
und es dürfte in der That mit deutlichen Worten, mit denen sich auch Gedanken 
verbinden lassen, nicht wohl zu sagen sein, warum gerade künstlerische Gegen- 
stände die Aufmerksamlteit mehr zerstreuen sollen als etwa naturwissenschaft- 
liche, die ja doch ohne jedes Bedenken beim Unterricht in möglichst umfas- 
sender Weise zur Veranschaulichung gebracht werden; ja selbst künstlerische 
Vorlagen dienen ja schon jetzt beim Zeichenunterricht, und in der Form, in 
der sie dort erscheinen, erregen sie, weil die Schüler an dieselben gewöhnt 
sind, nicht die geringste Zerstreuung oder Ablenkung. Es kommt überall nur 
darauf an, dass der Lehrer das Mittel als Mittel wirksam zu machen und seinem 
Zwecke, den Schüler deutlich und nachhaltig zu belehren, unterzuordnen ver- 
steht; und wenn als ein solches Mittel- nach unserem Wunsche in allen Zweigen 
des Unterrichtes, wo sich Gelegenheit dazu bietet, die Anschauung künstlerischer 
Dinge herbeigeführt wird, so kann es gar nicht ausbleiben, dass sich dadurch 
eine Gewöhnung an Deutlichkeit der Vorstellungen und an der Anschauung 
der Dinge in der Totalität ihres Wissens und ihrer Erscheinung bildet, die 
weiter nicht ohne einen sichtlich günstigen Einfluss auf unsere allgemeine 
Bildung bleiben kann. Diese sicher in Aussicht stehende Errungenschaft ist so 
werthvoll, dass nicht auf sie verzichtet werden darf, und man sichiauch eine 
aussergewöhnliche Anstrengung ihrethalber nicht reuen lassen kann. 
lch will mich auf eine Widerlegung der einzelnen meiner Ansicht nach 
falschen Behauptungen über den Gegenstand, die gestern hier gehört und über- 
haupt gern aufgestellt werden, nicht einlassen, um so weniger, da durch 
das Aufgeben des ablehnenden Standpunktes seitens der Vertreter desselben in 
unserer Mitte eine solche Polemik hier gegenstandslos geworden ist. Ich will 
nur daran erinnern, dass überhaupt das wirksamste Mittel, die Unterrichtsmethnde . 
mit einem Schlage auf diejenige Höhe zu erheben, welche die fast im Angen- 
blicke angewachsene Fülle des neu zu bewältigenden Lehrstoffes erfordert, eine 
umfassende Einführung von Anschauungsmaterial ist; und ebenso, wie es un- 
möglich ist, naturwissenschaftliche Dinge ohne die unmittelbare Anschauung 
dem Schüler begreiflich zu machen, ebenso wenig kann man das Künstlerische 
auf das bei dem Unterrichte, sei es zufällig, sei es absichtlich, die Rede kommt, 
zu einem lebendigen Besitze des zu Unterrichtenden machen, wenn man nicht die 
Bildung und Aneignung des Begriffes durch die unmittelbare Anschauung unterstützt. r 
So muss also unsere zweite Frage: nSdll und kann in Mittelschulen die 
kunstgescbichtliche Bildung durch Anschauungsunterricht gefördert werdenh 
nur mit einem ganz unbedingten nachdrücklichen vJau beantwortet werden, 
nicht minder unbedingt, als "Jan auch die Antwort auf die erste Frage sein 
musste: i-Soll im Unterrichte an Mittelschulen auf Kunstgeschichte Rücksicht 
genommen werdenh 
Ich habe mich nun noch über die Unterabtheilungen unserer im Allgemeinen 
bereits bejahten ersten Frage, wie sie unser Programm aufstellt, zu äussern. 
Die meiste Veranlassung, Kunstgeschichtliches zu berühren, wird sich wohl 
dem Lehrer der Geschichte darbieten, und so bin ich im Allgemeinen mit den- 
jeuigen Herren einverstanden, weiche gestern vorzugsweise dem Veriifefer dieses
	        
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