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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 100)

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Faches die Pflege des Kunstgescbichtlichen anvertrauen wollten. Aber ich halte 
es für schädlich, wenn man dieses eine Fach allzustark als Verwalter des kunst- 
geschichtlichen Lehrstoffes im Organismus der Mittelschulen hervorhebt. Wie 
sich die Gelegenheit gibt, soll vielmehr von diesem und von jenem Standpunkte 
aus auch der Vertreter jedes anderen Faches, das Künstlerische, sei es direct 
in den Kreis seines Unterrichtes ziehen, sei es durch Anwendung seines speciellen 
Lehrstoifes auf das künstlerische Gebiet in ein neues helleres Licht setzen. Ich 
habe in dem letzten meiner vor Kurzem im Druck erschienenen Vorträge "Aus 
der ästhetischen Pädagogiku versucht, die Art, wie das geschehen kann, für 
die verschiedenen, den Lehrplan unserer heutigen Mittelschulen zusammen- 
setzenden Unterrichtsfächer anzudeuten, und darf mich an dieser Stelle noch 
weniger auf Specielles einlassen. 
Dass unter den Lehrern, welche mit Vorliebe künstlerische Anschauungen 
pflegen und kunstgeschichtliche Unterweisungen ertheilen, auch die Zeichen- 
lehrer eine bedeutende Rolle zu spielen haben, liegt eigentlich in der Natur 
der Sache; indessen darf so lange wenigstens nicht vorzugsweise auf sie Rück- 
sicht genommen werden, wenn die bedeutendste Gattung der Mittelschulen, die 
Gymnasien, noch, wie bisher geschieht, den Zeichenunterricht in den mittleren 
und oberen Classen nur facultativ ertheilen. Auch ist es jedenfalls misslich, 
eine der wichtigsten Grundlagen der allgemeinen Bildung, die Erweckung 
richtiger ästhetischer Vorstellungen und sicheren kunstgeschichtlichen Wissens, 
einer Kategorie von Lehrern anzuvertrauen, über deren Vorbildung angesichts 
der bestehenden Zustände noch eine Frage, wie unsere dritte ist, gestellt werden 
kann: vln wie weit ist für Zeichenlehrer an öffentlichen Anstalten eine kunst- 
geschichtliche Vorbildung nöthigh Nicht nur, dass diese Frage für die Zukunft 
unbedingt mit "Jan zu beantworten ist, hat sich ohne jeden Widerspruch aus 
den Berathungen der Commission ergeben, sondern im Gegentheil, es hat noch 
eine andere Anforderung formulirt werden müssen, um den Vertretern des 
Zeichenunterrichtes überhaupt - wie auch Springer beabsichtigt - zu einer 
gleichberechtigten Stellung im Lehrercollegium der Mittelschulen zu verhelfen 
und sie zur Theilnahme auch an dem kunstgeschichtlichen Unterrichte erst 
wirklich zu befähigen. Ja, es hat von dieser gesteigerten Anforderung sogar die 
Beantwortung der Frage abhängig gemacht werden müssen, ob der obligatorische 
Zeichennnterricht in allen Classen des Gymnasiums sofort gefordert werden 
soll. Es hat sich nämlich trotz einigen Widerspruches, der jedoch mehr gemiith- 
lieber als sachlicher Natur war und vor den Thatsachen verstummen musste, 
die Ueberzeugung festgesetzt, dass eine gedeihliche Thätigkeit der Zeichen- 
lehrer an den Gymnasien (und mit geringer Modincation auch an den Real- 
schulen) erst dann zu gewärtigen steht, wenn sie durch ihre allgemeine und 
Fachbildung zur Ertheilung auch anderen Unterrichtes als desjenigen im Zeichnen, 
wenn auch nur in den mittleren und unteren Classen, befähigt sind, gleichwie 
dasselbe ja bei allen wissenschaftlichen Lehrern der Mittelschulen gefordert wird ; 
denn die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Lehrer, der nur ein einzelnes Fach, 
noch dazu gar ein sogenanntes vtechnischesß, auf einer Schule vertritt, den 
Schülern gegenüber niemals diejenige Autorität gewinnt und auch für seinen 
Unterrichtsgegenstand nie dasjenige Ansehen erlangt, welches den vielseitig 
wissenschaftlich gebildeten und in verschiedenen Lehrfächern thätigen ordent- 
liehen Lehrern der Mittelschule und ihren Unterrichtsfächern wie von selber 
zufällt. Es liegt hierin zugleich ausgesprochen, dass die lsolirung des Zeichen- 
unterrichtes durch einseitig nur fiir diesen vnrgebildete Zeicltenlehrer auch 
diesen Unterricht selber schädigt und einen grossen Theil der aufgewandten 
Mühe illusorisch macht. - 
Vielfach wird sich nun auch bei der Lectiire der Classiker Veranlassung
	        
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