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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 100)

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Eine andere Art von Krankheit der Bilder ist die folgende: Die Farbe, 
die sich in dem Bilde zerstört hat, steht jetzt als eine undurchsichtige Fläche 
da; auch in solchen Fällen hat uns die Wissenschaft hilfreiche Mittel an die 
Hand gegeben. Es gelingt vollkommen, eine zerstörte Farbe wieder herzustel- 
len, ohne dass man malt. Durch ein genaues Behandeln bewirkt man, dass 
die Bilder wieder den Eindruck machen, wie früher. Die Mittel, die der 
Meister angewandt hat als Bindemittel, sind zugleich die Mittel, die auf den 
letzten Rest des vorhandenen Bindemittels noch wirken. Sie können einen Ei- 
weissfirniss nur gefahrlos entfernen, wenn Sie wieder einen Eiweissfirniss auf- 
tragen und mit diesem den alten, versteinerten auflösen. Dies hat mich darauf 
gebracht, ob es nicht möglich wäre, wenn wir wüssten, wie die Alten gemalt 
haben, ob wir nicht mit ihren Bindemitteln ihre verhärteten Bindemittel zu 
lösen vermöchten; und allerdings ist das der Fall, aber ich bin erst in der 
Mitte der Sache; doch hoffe ich, bald zu einem ganz genügenden Resultate zu 
gelangen, und werde dann nicht zögern, mein neues Regenerationsverfahren zu 
veröffentlichen. 
Nun über Pettenkofer; Er nimmt das Bild, das er beleben will, und legt 
es in eine Kiste. Der obere Theil der Kiste ist entweder mit Tuch oder einenf 
anderen Stoffe ausgefllttert, und dieser wird mit absolutem Weingeist ge- 
tränkt, und dann die Kiste hermetisch verschlossen. Die Dämpfe lösen die 
Harzmassen des Firnisses, bringen sie in einen gleichen Fluss und machen 
dadurch das trübe, undurchsichtige Bild klar und lebendig. Allein es 
war das Verfahren einseitig. Erstens entwickelten sich in den Bildern ko- 
lossale Sprünge, die früher nicht zu sehen gewesen waren. Zweitens wurde 
später der ganze Ueberzug grau. Da kam er auf einen zweiten Theil seiner 
Erfindung, auf die Anwendung des Copaiva-Balsams. Dies ist eines jener Mit- 
tel, welche verrnöge ihrer erweichenden Wirksamkeit bis in die tiefsten Theile 
des Bildes eindringen. Zweitens milderte er die Wirksamkeit der Dämpfe. So 
erreichte Pettenkofer schon viel mehr, und wir sind ihm auf jeden Fall für 
seine Entdeckung, wenn sie auch nur in einzelnen Fällen sich zureichend er- 
weist, vielen Dank schuldig. Denn wir haben nicht Mittel genug, wo es sich' 
um eine solche wichtige Sache handelt. 
Prof. Kuhn: Ich spreche hier als der Erste, der mit Pettenkofer die 
Versuche gemacht hat. Er kam auf diese Versuche aus dem einfachen Grunde, 
'weil er ia die ganze Veränderung in die Oberfläche versetzt glaubte und auch 
versetzt fand. Das ganze Verfahren besteht in nichts anderem, als diese Fläche 
wieder klar und durchsichtig zu machen. Pettenkofer, der gar keine ldee von 
Bildern hat, fing dieSache ganz confuse an, er regenerirte mit allem Schmutz. 
Nun kam der grosse Streit. Wir machten mikroskopische Untersuchungen, 
massen die Sprünge mit Dr. Steinheil in München, machten die Procedur und 
rnassen dann wieder und fanden, dass die Sprünge um keine Viertellinie grös- 
ser geworden waren. ln dem Farbenkörper selber kommt so selten eine Ver- 
änderung vor, weil die alten Meister einen viel grösseren Fleiss auf die Be- 
reitung der Farbe verwandten. Pettenkofer hatte vollständig Recht, und seine 
Entdeckung ist durch nichts widerlegt. Ein Bild, das keinen Rest von Firniss 
mehr hat, kann nicht regenerirt werden. Durch den Copaiva-Balsam, der schon 
nach den ersten Wochen zugesetzt wurde, gibt man den Farben den pracht- 
vollen Glanz und die Kraft wieder. 
Dr. Bayersdorfer: Wer mit dem Pettenkoferschen Verfahren genauer 
bekannt ist, weiss, dass die Sache so complicirt ist, dass sie hier nicht erör- 
tert und erledigt werden kann. Für uns handelt es sich nur darum, zu er- 
fahren, ob das Verfahren Erfolge gehabt hat, die die Kunstwissenschaft billigen 
kann. Es würde sich empfehlen, ein Referat darüber zu extrahiren.
	        
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