Custos Scihellein: Indem die Frage von Herrn Prof. Kinkel angeregt
wurde, habe ich mich veranlasst gesehen, einige Worte zu sprechen, und es
ist so unbedeutend und so überilüssig nicht, wenn auch "hier eingehend über
die Technik bei der Malerei und bei der Wiederherstellung gesprochen wird.
Das geht Hand in Hand. Zudem haben wir uns ja dahin ausgesprochen, dass
die Kunst hauptsächlich nur dann uns gehört, wenn wir tüchtige Restauratoren
bilden. Solche ordentliche Restauratoren werden auch das Pettenkofersche Ver-
fahren in Anwendung zu bringen wissen.
Custos Lipptnann: Ich halte es für überflüssig und für keine Aufgabe
'des Congresses, einen Referenten Nr das Pettenkofersche Verfahren zu ernen-
nen. Es betrilTt nur einen ganz speciellen Fall der Bilder-Verderbniss, und mit
Specialitäten haben wir uns nicht zu beschäftigen.
Dr. Bayersdorfer: Herr Lippmann mag in sofern Recht haben, dass
das Pettenkofersche Verfahren nur für einzelne Fälle gut ist; aber das Ueber-
mass der Anwendung lohnt es sich am Ende dort zu bekämpfen. Man erin-
nere sich, dass in München wändeweise gepettenkofert worden ist, ohne jedes
Ansehen des Bildes.
Custos Bucher: Ich weiss nicht, ob wir für das Capitel des Restau-
rirens bereits einen Referenten ernannt haben, wenn das nicht der Fall ist, so
würde sich der Bayersdorfersche Antrag doch empfehlen.
Prof. Kuhn: Ich glaube, es existirt kein Restaurator, welcher nicht das
Verfahren in gewissen Fällen anwendet. Es ist das keine Sache, über welche
mehr besondere Erhebungen gemacht zu werden brauchen, und welche über-
haupt noch Gegenstand einer Controverse sein kann.
Regierungsrath Falke: Ich bin gegen einen Referenten. Das Verfahren
selber ist klar und bekannt. Bilder, welche mit dem Verfahren wieder herge-
stellt worden sind, existiren genug; der Referent könnte nur eine ganz per-
sönliche Ansicht abgeben, die sich jeder andere ebenso leicht und gründlich
selber bilden kann, und wenn ihn die Sache irgend interessirt und angeht,
längst gebildet hat. Sollte ein wirkliches Urtheil gewonnen werden, so müsste
eine grosse Commission eine Untersuchung aller Bilder vornehmen, welche bis-
her nach diesem Verfahren behandelt sind. Der einzelne Referent wird uns
da gar nichts helfen können. Nachtheile habe ich absolut noch gar nicht
von dem Verfahren gesehen, so viel Gelegenheit ich auch gehabt habe, dasselbe
anwenden zu lassen und zu beobachten.
Custos Lippmann: Pettenkofer hat in seiner Schrift das Theoretische
so klar gelegt, dass die Acten darüber als ziemlich geschlossen betrachtet wer-
den '_können. Worauf das Verfahren angewendet wird, ist das Entstehen grosser
Sprünge, die durch die Dämpfe wieder zum Zusammengehen gebracht werden.
Nach einigen Jahren sehen die Bilder, wenn sie denselben Einflüssen wie zu-
vor ausgesetzt bleiben, wieder dunkel aus, und es wird eine neue Procedur
nöthig.
Professor Woltmann: Ich habe mit mehreren meiner naturwissenschaft-
4 lichen und künstlerischen Collagen in Karlsruhe Proben angestellt. Mit Wiede-
mann, Weber, Weigelt und Descoudres. Wir haben die Experimente nach
der guten alten Vorschrift in eorpore vili, an alten werthlosen Bildern aus dem
Vorrathe der grossherzoglichen Galerie gemacht. Ich will mich nicht darauf
einlassen, von den Wahrnehmungen zu reden, die wir im Einzelnen gemacht
haben. Ich will nur constatiren, dass ein gewisses gefährliches Element in
dieser Prozedur uns doch auch entgegengetreten ist, dass z. B. auch einmal
die Farbe angegrilfen worden ist. Es scheint mir darauf anzukommen, zu de-
finiren, bei Bildern welcher Technik kann das Verfahren angewandt wer-
den, und bei welchen nicht. Das ist von Pettenkofer noch nicht geschehen.