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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 105)

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Vertonungen in llmll. 
Donnerstags-Vorlesungen. 
[Bouuventurn Genollfs Nachlass] Der diesjährige Vertrag des Prof. v. Lntzow 
(E. Januar) nahm seinen Ausgangspunkt von einem bedeutenden Ankauf Genellfscher 
Handzeichnungen, welche vor Kurzem aus den Handen der Witwe des Meisters in den 
Besitz der Wiener Akademie übergegangen sind. Diese Sammlung umfasst gegen 300 
Blätter: theils fertige Compoaitionen, darunter manche bisher unedirt und in grösseren 
Kreisen vollig unbekannt (z. B. das lLeben einer Feenkönigim, fünf Zeichnungen mit 
Text von Genellfs Hand), theils Entwürfe und erste Einfälle, darunter mehrere launige 
Carricaturen, theils endlich Studien zu bekannten Werken des Meisters (besonders zu 
dem i-Leben eines Wustlingsn), - in ihrer Gesamrntheit wohl der vollstandigste Apparat, 
der jemals aus der Vet-borgenheit einer Kunstlerwerkstatt an's Licht getreten ist Diese 
bisher unzugangliche Quelle für die Charakteristik des Meisters zu verwerthen, war die 
Hauptaufgabe, welche sich Lntzow in seinem Vortrage gestellt hatte. Er schilderte 
zunlchst Genellfs Entwickelungsgang und menschliches Wesen und ging dann auf die 
Würdigung des Künstlers all solchen über. Die gangbare Benennung IHiSIOTlCDHISiCII, 
welche wir den Vertretern aller Gattungen von Figurenmalerei hoheren Styls zu geben 
pflegen, passt auf Geuelli schlecht. Er iat vor Allem Poet; seine Sache ist nicht das ein- 
fache Erzahlen oder Schildern, auch nicht das Uebersetzen in die Sprache der Kunst 
nach Art der modernen Illustratoren, sondern das Weiterdichten, das Fortspinnen dichte- 
rischer Eründungen und volklthumlicher Gedankenkreise aus der eigenen Muchtvollkom- 
menheit seiner bildnerischen Phantasie. Aus der Stolfwelt der antiken Sage ist die grosse 
Composition: rHemltles bei der Omphale- der merkwnrdigste Beleg hiefor: ein Herakles 
Musagetes nach Genellfs Auffassung, ein Heros der Lebenslust, der in der Erinnerung 
ruhmvoller Thaten schwelgt. Oft mit Recht hervorgehoben ist ferner der starke person- 
liche Zug, der allen diesen Weiterdichtungeu des Meisters eigen ist. Nicht nur seine 
aussere Erscheinung, seine mächtige Gestalt mit dem edlen, ernsten Antlitz, tritt uns aus 
den Werken Genelli's häufig entge en, sondern es ist zugleich sein inneres Wesen, das 
Dulden und Ringen seiner Seele, as er in seinen Schopfungen zum Ausdrucke bringt. 
Vornehmlich die bekannten Bildercyklen der nHexe-, des wWüstlings-w und selbstverständ- 
lich das nLeben eines Künstlers- sind, was Goethe von seinen Gedichten sagt, "die auf- 
bewahrten Freuden und Schmerzen seines eigenen Gemßthesm Mit Goethe hat Genelli 
überhaupt manche tiefliegenden Bernhrunguukte und er ergänzt sich mit Cornelius in 
ähnlicher Weise wie Jener mit Schiller, zu welchem Letzteren sich bekanntlich Cornelius 
durch innlgeßelstesvdrwmdtschaft hingezogen fühlte. Nicht nur die subjectivere, lyrisch 
gestimmte Grundanschauung, auch das entschieden weichere, sinnlicher: Temperament, 
der sanfte Zauber hellenischen Schonheitsgefnhls charakterisiren Genelli, sondern haupt- 
sächlich sein inniges Verhllltniss zur Natur, sein unablassigcr Verkehr mit der Fülle 
lebendiger Anschauungen, wie sie die nackte Menschengestalt, der nTClTIPBl Gottes- dar- 
bienet, dieser edelste Realismus der Darstellung ist ihm, wie Goethe, eigenthnmlich. Und 
für diesen, bisher zu wenig betonten Punkt in dem Schaffen Genelli's bieten die Zeich- 
nungen aus seinem Nachlass: die schlagendsten Belege. Vornehmlich die kostbaren Act- 
studien, deren die Sammlung der Akademie allein etwa 200 besitzt. Der Vortragende 
widmete diesen Blättern eine eingehende Betrachtung und charakterisirte sie namentlich 
unter Hinweis auf die auch in dieser Hinsicht grundverschiedene Weise des Cornelius. 
Wlhreud Cornelius das Hauptgewicht auf den Umriss der Gestalt legte und von seinen 
Schülern verlangte, dass sie diesen mit grbslter Strenge und Scharfe durchbildeten, und 
zwar im härtesten Blei: arbeitet Genelli, in lebencligerem Cnntact mit der sinnlichen Fülle 
der Natur, stets alle Gestalten in's Runde, bedient sich dabei stets des Wischers, macht 
die Studie (zum Unterschiede von Gornelius) regelmassig in der nämlichen Grosse, wie 
er sie für das Bild braucht, damit das Narurleben, das in der Actstudie pulsirt, unmittel- 
bar in du Bild hiuhberatröme. Und mit gleicher Sorgfalt, wie bei der Gestaltung nackter 
Korper, geht Genelli bei den Gewandliguren vor. Er studirt auch diese im Nackten bis 
in die Feinheiten der Modellirung aus, wie zahlreiche Blatter zeigen, welche das Nackte 
neben der Gewandung darstellen. Es ist leicht zu ermessen, dass eine derartige Samm- 
lung besonders für die studirende Jugend von hüchster Bedeutung ist. Sie widerle am 
besten die thürichte Meinung, dass der deutsche Idealismus eine naturlbse, der Wa rheit 
entfremdete Kunst hervorgebracht habe, indem sie uns einen seiner edellten Vertreter im 
steten lebendigen Verkehr mit der Natur, der Quelle alles Schönen, vor Augen fuhrt. 
[Uübßr dm! mlllßhmpßl zu EphesuJ Am 26. Februar hielt Prof. Sachau, 
der iungst von einer Orientreise zurückgekehrt war, einen vom Publicurn sehr dankbar 
aufgenommenen Vortrag über den Dianatempel zu Ephesus. Der geheime und offene 
Kampf zwischen den aus dem griechischen! Mutterland: Joaien herübergekonuneueu Be-
	        
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