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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 67)

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len Treviso durch eine Actiengesellschaft gegründet werden. Die Perlen- 
fabrication in Murano ist in Verfall. 
Die durch die Muraneser Glasfabrikanten und durch Salviati ge- 
schaffene Glas- und Mosaikenindustrie unterscheidet sich vortheilhaft von 
jener Art Kunstindustrie, welche, wie in ganz Italien, so auch in Ve- 
nedig durch die Kunsthändler geschaffen wird. Diese Industriellen be- 
zwecken stricte Nachahmung des Alten, iheils zum Zwecke eines ehr- 
lichen Handels, theils zum Zwecke einer oEenen und verdeckten Täu- 
schung. Nicht wenige der Kunsthändler geben wohl jetzt das Geschäft 
zu täuschen auf und bezeichnen die Objecte, welche nach altem Muster 
in ihrem Auftrage gemacht wurden, als solche; sie thun gut daran. Denn 
heutigen Tages geht jeder nur halbwegs erfahrene Käufer mit dem Ver- 
dachte in ein grösseres Antiquariate-Geschäft, dass alles, was er dort in 
die Hand nimmt, nachgeahmte oder absichtlich gefalschte Waare ist. Nicht 
mit Unrecht beschleicht jeden Amateur, der nicht zugleich Kenner ist, ein 
unbehagliches Gefühl, wenn er Schränke, Terracotten, Bronze und Emails 
in Augenschein nimmt. Hört er ja tagtäglich von den trefflichen Imitationen 
ägyptischer Antiquitäten eines amerikanischen Fausseur in Aegypten, von 
den Fälschungen der Majoliken und Terraeottabüsten in Bologna, von den 
emiuenten Leistungen des Künstlers, der nach einem Portrite Fra Barto- 
lomeo's die meisterhafte Portratbüste Savonarclefs im Kloster San Marco 
in Florenz gemacht hat. Dass in Venedig Bronzen in alter Art bei Mi- 
cheli, in verschiedenen anderen meist verborgenen Ateliers Cabinets mit 
eingelegter Arbeit und Möbel mit Elfenbeinintarsien nach alten Mustern 
vortrefflich imitirt werden , ist ihm gleichfalls nicht unbekannt. Was er 
von Nachahmungen alter Oelbilder hört, ist vollends geeignet ihn unsicher 
zu machen und so ist der heutige Amateur zwar nicht unterrichteter als 
es sein College vor fünfzig Jahren gewesen ist, aber jedenfalls miss- 
trauischer und skeptischer. Das wissen die Kunsthändler nur zu gut, und 
deswegen betreiben sie das Geschäft, neue Gegenstände in alter Form zu 
bestellen, offener und zugleich rücksichtsloser, und erkundigen sich genau, 
mit wem sie es zu thun haben. Aber trotzdem werden jetzt mehr alte Ge- 
genstände gefälscht als je. Die Zahl derer, die Gegenstände in alter Form 
haben wollen, steigert sich von Jahr zu Jahr, während die echten Alter- 
thümer immer mehr verschwinden. Der Kunstmarkt braucht Surrogate, die 
Ateliers für Imitationen und Fälschungen alter Gegenstände sorgen dafür, 
dass es an dieser Waare nicht gebricht; die Händler unterrichten diese 
von den Geschmacksbedürfnissen der Käufer. _ 
Aber zwischen den Bestellungen der Kunsthändler bei den Techni- 
kern, welche Imitationen zu liefern im Stande sind, und den Ateliers 
wie das Stabilimento Salviati in Venedig, Ginori in Doccia bei Florenz 
ist ein grosser Unterschied, - nicht nur in dem, was beide anstreben 
und leisten, sondern auch vom nationalökonomisnhen und ethischen Stand-
	        
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