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len Treviso durch eine Actiengesellschaft gegründet werden. Die Perlen-
fabrication in Murano ist in Verfall.
Die durch die Muraneser Glasfabrikanten und durch Salviati ge-
schaffene Glas- und Mosaikenindustrie unterscheidet sich vortheilhaft von
jener Art Kunstindustrie, welche, wie in ganz Italien, so auch in Ve-
nedig durch die Kunsthändler geschaffen wird. Diese Industriellen be-
zwecken stricte Nachahmung des Alten, iheils zum Zwecke eines ehr-
lichen Handels, theils zum Zwecke einer oEenen und verdeckten Täu-
schung. Nicht wenige der Kunsthändler geben wohl jetzt das Geschäft
zu täuschen auf und bezeichnen die Objecte, welche nach altem Muster
in ihrem Auftrage gemacht wurden, als solche; sie thun gut daran. Denn
heutigen Tages geht jeder nur halbwegs erfahrene Käufer mit dem Ver-
dachte in ein grösseres Antiquariate-Geschäft, dass alles, was er dort in
die Hand nimmt, nachgeahmte oder absichtlich gefalschte Waare ist. Nicht
mit Unrecht beschleicht jeden Amateur, der nicht zugleich Kenner ist, ein
unbehagliches Gefühl, wenn er Schränke, Terracotten, Bronze und Emails
in Augenschein nimmt. Hört er ja tagtäglich von den trefflichen Imitationen
ägyptischer Antiquitäten eines amerikanischen Fausseur in Aegypten, von
den Fälschungen der Majoliken und Terraeottabüsten in Bologna, von den
emiuenten Leistungen des Künstlers, der nach einem Portrite Fra Barto-
lomeo's die meisterhafte Portratbüste Savonarclefs im Kloster San Marco
in Florenz gemacht hat. Dass in Venedig Bronzen in alter Art bei Mi-
cheli, in verschiedenen anderen meist verborgenen Ateliers Cabinets mit
eingelegter Arbeit und Möbel mit Elfenbeinintarsien nach alten Mustern
vortrefflich imitirt werden , ist ihm gleichfalls nicht unbekannt. Was er
von Nachahmungen alter Oelbilder hört, ist vollends geeignet ihn unsicher
zu machen und so ist der heutige Amateur zwar nicht unterrichteter als
es sein College vor fünfzig Jahren gewesen ist, aber jedenfalls miss-
trauischer und skeptischer. Das wissen die Kunsthändler nur zu gut, und
deswegen betreiben sie das Geschäft, neue Gegenstände in alter Form zu
bestellen, offener und zugleich rücksichtsloser, und erkundigen sich genau,
mit wem sie es zu thun haben. Aber trotzdem werden jetzt mehr alte Ge-
genstände gefälscht als je. Die Zahl derer, die Gegenstände in alter Form
haben wollen, steigert sich von Jahr zu Jahr, während die echten Alter-
thümer immer mehr verschwinden. Der Kunstmarkt braucht Surrogate, die
Ateliers für Imitationen und Fälschungen alter Gegenstände sorgen dafür,
dass es an dieser Waare nicht gebricht; die Händler unterrichten diese
von den Geschmacksbedürfnissen der Käufer. _
Aber zwischen den Bestellungen der Kunsthändler bei den Techni-
kern, welche Imitationen zu liefern im Stande sind, und den Ateliers
wie das Stabilimento Salviati in Venedig, Ginori in Doccia bei Florenz
ist ein grosser Unterschied, - nicht nur in dem, was beide anstreben
und leisten, sondern auch vom nationalökonomisnhen und ethischen Stand-