willen; dass wir Kunsthistoriker brauchen, dass wir kunsthistorisch geschulte
Leute brauchen, auch unter den Theologen aller Confessionen, kann -nicht
zweifelhaft sein, und gerade diesen Bedürfnissen würde die Vertretung des
Faches auf Universitäten entsprechen. Etwas Anderes wäre es, wie Kunstge-
schichte an den Universitäten vertreten werden soll; ob das Culturgeschichtliche
überwiegen soll, ob die Ausbildung des Auges hierher gehört u. s. w.; das
sind Punkte, über die sich eine Discussion erheben könnte, und über die ich
nicht zuerst das Wort nehmen möchte. Jedenfalls wollte ich an das von
Schnaase Bemerkt: erinnern.
Prof. Kinkel: Da das Wort von Prof. Reber etwas hart war, will ich
noch einiges Modificirende hinzufügen. Die Professur in Ziirich ist ursprüng-
lieh hervorgegangen aus der Grundidee, die das Züricher Polyteehnicum unter
allen am ersten durchgeführt hat, der Idee der wsiebenten Abtheilungu. Es_
sollte neben den sechs Fachschulen eine Abtheilung der allgemeinen Wissen-
schaft dienen und diese durch Männer vertreten werden, die streng genommen
eine technische Bildung nicht zu besitzen brauchten; sondern man wollte aus-
schliesslich auf die wissenschaftliche Qualification der Männer das Auge richten.
Es konnte die- Vorlesungen dieser Abtheilung hören wer wollte, ausser den-
jenigen aus dem Vorcursus. ln diesem Sinne haben Burckhardt und Liibke
stets zahlreiche und aufmerksame Auditorien um sich versammelt, die jungen
Leute finden immer noch Zeit genug, um Männer wie Scherer, Burckhardt und
Andere zu hören. Das ist noch im Wesentlichen geblieben, und die Kunst-
geschichte figurirt daher auch noch in der siebenten Abtheilung. lnzwischen
hat man aber nöthig gefunden, dass unsere Architekten die Kunstgeschichte
verstehen müssen, und fiir diese ist also die Kunstgeschichte in zwei Cursen
obligatorisch gemacht worden, so zwar, dass sie im ersten Lehrjahre gehört
werden muss. lm ersten Semester ist mit vier Stunden die Antike von Aegypten
bis Pompeji, im zweiten in vier Stunden die mittelalterliche Kunst zu dociren.
Das ist obligatorisch. Die Architekten hören dann noch die kleinen zweistün-
digen Collegien, welche der Professor daneben noch liest und die nicht obli-
gatorisch sind. lm Ganzen stellt sich heraus, dass - obligatorisch oder nicht
- die Vorlesungen gleich stark gehört werden, und namentlich die antike Kunst
wird gerne und sehr zahlreich besucht, die mittelalterliche im Sommer weniger,
weil die jungen Leute zuviel in ihren Fächern zu thun haben.
Insofern ist die Stellung am Polytechnicum eine sehr angenehme und an-
regende. Aber ein Punkt bleibt zu bedenken: Bei Berufungen sollte Jeder sich
Rechenschaft darüber ablegen, dass Universität und Polytechnicum ein grosser
Unterschied ist. An dem Polytechnicum kann man für die Fortpüanzung der
Wissenschaft arbeiten, man kann keine Schule begründen. ln Bonn habe ich
als junger Docent, mit mehr Begeisterung und Liebe als Erfahrung docirend,
die Freude gehabt, drei namhafte Schüler fiir das Fach zu gewinnen und her-
anzuziehen, Lübke, aus'm Weerth und Simon. Bei der Uebernahme meiner
Stellung am Polytechnicum habe ich es gewusst, dass ich darauf verzichten
muss. Das sage sich Jeder und richte danach auch seine Methode ein, die
von der Universität sich unterscheiden muss.
Dr. Dobbert: Wenn man von der Berliner Gewerbeakadernie spricht,
so muss man gleich die Bauakademie mit hinzuziehen. Denn erst beide zu-
sammen entsprechen den anderen Polytechniken. Und wenn wir das beachten,
so kann ich nicht zugeben, dass in Berlin an diesen Anstalten irgend mangel-
haft für das Fach gesorgt ist. Ich kann natürlich von mir selbst nicht reden.
Aber neben mir wird auf der Bauakademie der Unterricht in der Geschichte
der Architektur von einem Anderen gegeben, auf der Gewerbeakademie der in
der Geschichte der Kunstgewerbe.