525
Dostarrolehlaohe lluoonqraphis.
Zur Realisirung dieses vom k. k. Unterrichtsministerium unterstützten Unterneh-
mens wurde im verflossenen Sommer der erste Schritt gethan. Die Herren Professoren
der Prager Universität Dr. Otto Benndorf und Dr. Otto Hirschfeld haben im Interesse
der Museographie Siebenbürgen bereist, um die römisch-deutschen Alterthümer dieses
Landes, vorzugsweise wie dieselben in Museen zerstreut vorgefunden werden, der Wis-
senschaft zuzuwenden, wobei Prof. Benndorf sich mehr dem kunstgeschichtlichen und
archäologischen, Prof. Hirschfeld dem epigraphischen Theil der Aufgabe unterzog. Die
Reise wurde von Klausenburg uberlThorda, Karlsburg, ZaIetnaAAbundbanya, Dora, Hatzeg,
Blasendorf und Hermannstadt gemacht. Die beiden Herren hatten hiebei mannigfache Be-
schwerden zu erleiden, nicht nur solche, die sich durch die wenig civilisirten Verhalt-
nisse des Landes, die ungenügenden Verkehrsmittel und die schwierige Beschaßung des
Nöthigsten ergaben, sondern auch insbesondere durch die grosse lnteresselosigkeit der
Bevölkerung gegen die zahlreich im Lande vorhandenen Denkmale, deren Erforschung
und Conservirung. Um so erfreulicher musste es sein, dass sie an Herrn Carl v. Torma,
dessen Kenntnisse und Gefalligkeit bereits Mommsen bei seinen dortigen Studien kennen
gelernt hatte, einen hilfreichen Förderer fanden. Prof. Hirschfeld lenkte seine Aufmerk-
samkeit hauptsächlich auf die lnscriptionen des Landes, deren Veröffentlichung er an das
grossartige Werk Corpus inscr-iptionum anzulehnen beabsichtigt. Obwohl Mommsen selbst
Siebenbürgen bereiste, gelang es Prof. Hirschfeld dennoch, an 60 unbekannte lnschriften
zu entdecken, deren mehrere höchst interessante Resultate liefern. Auch durch die sorg-
fältige Revision der publicirten ergab sich vielfach Neues von Wichtigkeit.
Am 8. September erstattete, nach überstandener Krankheit, auch Prol. Dr. Otto
Benndorf von Kronstadt einen Bericht. Trotz aller Misslichkeiten, die dem Forscher sich
in diesem Lande entgegenstellten, war auch die Ausbeute Prof. Benndorfs eine ergiebige.
Er machte eine bedeutende Zahl Reliefs, Statuen, Bronzen und geschnittener Steine aus
Privatbesitz ausfindig, welches Material durch genaue Beschreibung, Skizzemltheilweise
durch ausgeführte Zeichnung und Photographien aufgenommen wurde. Der antiquarische
Werth dieser Funde ist ein sehr bedeutender, namentlich vom Gesichtspunkte der Ent-
wicklung jener provinciellen Kunst , die sich allüberall an die vollendeten Vorbilder der
Kunst in der Hauptstadt des Weltreiches anzuschliessen strebte. Beide Herren sprachen
in diesen Berichten den dringenden Wunsch aus, auch Bukarest und Orsova besuchen
zu können, wo Mommsen nicht gewesen war und manches Wichtige eine lohnende Aus-
beute zu verheissen schien. Der Erfolg hat dieser Erwartung entsprochen.
Prof. Benndorf hat im Besitz eines Privaten in Orsova eine sehr merkwürdige
Bronzemaske entdeckt, welche durch die Kunstlerinschrift: T. Pll. PRlSCl ausgezeichnet
ist, und bemerkte ferner, dass Bukarest das Meiste und Wichtigste unter allem was die
Reise an den Tag fordert, geboten habe. Auch sind dies bisher vollkommen unbekannte
Gegenstande. Aus dem Hermannstadter Museum entnahm Prof. Benndorf den Umbo
eines Legionsschildes mit Genienfiguren und lnschriften in einer Art Sgratfito versehen,
um ihn an das Oesterr. Museum in Wien zu senden, wo derselbe durch einen Schüler
der Kunstgewerbeschule, Herrn Macht, in Farben copirt wurde.
Die ganze Reise dauerte vom 4. August bis zum 28. September. Bis zum so.
waren beide Herren gemeinsam auf der Expedition, und trennten sich erst an diesem Tage
in Bazias. Es wurden alle Museen Siebenbürgen! sowie dessen antike Fundstellen mit
Ausnahme des Nordens in Untersuchung gezogen, ausserdem Bukarest und Belgrad be-
rührt und die dortigen öffentlichen und Privatsammlungen besucht. Von Bazias reiste
Prof. Hirschfeld direct zurück, während Prof. Benndorf sich über Arad und Karlsburg
noch einmal nach Klausenburg zuruckbegab und erst am 28. September in Wien einlangte.
Am 8. November berichtete Prof. Hirschfeld ausführlich über die zu unternehmen-
den Publicationen der gewonnenen Resultate. Zunächst ist der Reisebericht vollendet.
Die Publication der lnschriften sammt Anmerkungen denkt Hr. Prof. Hirschfeld in
den Weihnachtsferien so Weit zu fordem, dass der Druck im neuen Jahre sogleich be-
ginnen kann. Zugleich wird derselbe eine Reihe von Vorschlagen behufs Conservirung
und Publication der epigraphischea Denkmäler in Oesterreich verfassen. Endlich wird
in späterer Zeit eine grossere Publication, von den beiden Professoren verfasst, die den
Bericht über diese erste, an Ergebnissen für die Wissenschaft reiche Expedition der
osterr. Museographie enthält, erscheinen.