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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1873 / 99)

Grundfüge einer Insrrucrion ßriden Unterricht im Freilmndpichnen an Bürgerschulen. 
I. Die- Aufgabe des Zeichenunterrichtes ist: 
a) Bildung des Formensinnes; 
b) Befähigung des Auges für das richtige Auffassen der Formen; 
c) Fertigkeit der Hand im leichten und sicheren Darstellen des Gesehenen oder 
Vorgestellten. 
a. Diese Ziele sollen auf jeder Stufe, bei jeder einzelnen Uebung irn Auge behalten 
und ernstlich angestrebt werden. 
3. Der Zeichenunterricht muss auf der ersten Stufe Classenunterricht sein, d. h. 
alle Schüler einer Classe müssen zu gleicher Zeit dasselbe zeichnen. Die zu zeichnenden 
Formen müssen demnach vom Lehrer angesichts der Classe und unter entsprechenden 
Erläuterungen correct und moglichst gross an die Schultafel und zwar derart gezeichnet 
werden, dass die Schüler bei ihren Arbeiten der des Lehrers zu folgen vermögen. 
4. Auf der zweiten Unterrichtsstufe sind auch Uebungen im Zeichnen aus dem 
Gedlchtnisse vorzunehmen, bei welchen folgender Vorgang beobachtet werden soll: 
Eine vom Lehrer auf die Schultafel gezeichnete einfache Form wird in allen ihren 
Theilen gründlich besprochen, wobei zumeist in dialogischer Lehrweise insbesondere das 
Charakteristische der Figur hervorgehoben wird; dann wird die Zeichnung des Lehrers 
dem Anblicke des Schülers durch Bedecken etc. entzogen und derselbe erhält die Auf- 
gabe, die Figur aus dem Gedachtnisse zu reproduciren. 
5. Die Correcturen der fehlerhaften Schülerzeichnungen sind nie in den Arbeiten 
der Schüler vorzunehmen; man verunlasse die Schüler durch mündliche Bemerkungen 
zur Ausbesserung. - 
Classencorrectur verdient den Vorzug vor der Einzclncorrectur. 
6. Das Freihandzeichnen schließt selbstverständlich den Gebrauch "da Lineals, 
Zirkels und der Reisefeier aus, und es hatte somit das Zirkelzeichnen in der Vl. Classe 
zu entfallen. 
7. Der Anleitung zur Aufassuug der ebenen und räumlichen Gebilde sollen An- 
schauungsbehelfe zur Seite stehen; z. B. eignet sich für die Erklärung über die Ent- 
stehung perspectivischer Bilder ein Glasfenster oder besser ein Modell mit durchsichtiger 
Bildfläche und merkirten Sehstrahlen. Weitere Unterweisungen über Horizontalebene, 
Cvrundebene, Horizontallinie, Grundlinie, Verticallinie, sind nothwendig; ferner der per- 
spectivische Lehrapparat. Ausführliche, wo möglich mit Illustrationen versehene Beschrei- 
bung des Starivs, der Draht- und der Holzmodelle, sowie des Gebrauches derselben auf 
der Schultnfel; Anzahl der Stative; Vor-sichten bei dem Unterrichte nach dem Drahtmcdell 
mit Rücksicht auf die Sitzordnung und die Schülerzahl. 
Besonders wichtig ist die gerade mit Marken in gleichen Entfernungen versehene 
Drahtlinie bezüglich der perspectivischen Grundsätze der Verschwindungspunkte von den 
Geraden in verschiedenen Lagen derselben gegen die Bildülchen; ferner der Würfel, per- 
spectivisch gezeichnet, in zahlreichen Stellungen. 
Das Wichtigste aus der Schattengebung ist bei dem Beginne des Zeichnens nach 
Korpermodellen vorzunehmen, und die verschiedenen Erscheinungen an den Oberflächen 
der beleuchteten Körper sind zu erklären. Die gewonnenen perspectivischen Grundlehren 
und zwar über Schattengebung sind beim Darstellen geeigneter einfacher technischer 
Objecte, z. B. Tisch. Kasten, Balkenwürfel, Postarnent mit Gesimsen etc. zu verwerthcn. 
8. Betrefend- die Einrichtung des Zeichensanles sind Lichteinlasse, Blenden, Sitz- 
vorrichtungen für die nach Gypsmodellen zeichnenden Schüler, Modellstlnder, Zeichen- 
tische mit Sesseln, Originalrahmen, Tafel mit Podium, Versorgung der Lehrmittel, zur 
Erreichung der Lehrziele unbedingt nothwendig. 
Hinsichtlich der Zeichemnaterinlien sind Bleistift, Feder, Kreide, Kohle etc. zu 
empfehlen. Die Schüler sind mit dem Gebrauche derselben bekannt zu machen; ferner 
belehre man sie uber deren Güte und Zwecltdienlichlteit und hebe die Schädlichkeit des 
dladirgummi- hervor. 
C 
Lehrplan für des Freihandzelohnen  den Bildungsanstalten für Lehrer 
und Lehrerinnen. 
Lehrziel: 
Fertigkeit im freien Anfassen und Darstellen ebener und "räumlicher elementarer 
Formen und Combinatlonen derselben mit besonderer Rücksicht auf die Erwerbun der 
grosstmoglichen Fßhigkeit, diese Gegenstände in correcter Cuntcur an die Schult: el zu 
zeichnen.
	        
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