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ein Gebäude austühren liesse. Und das ist gewiss die richtige Weise.
Nun gibt es aber auch, wie schon oben angedeutet worden, Kästen und
Schränke des 16. und 17. Jahrhunderts in nicht geringer Zahl und keines-
wegs in localer Beschränkung - denn sie kommen in Italien wie ver-
schiedentlich in Deutschland und anderswo vor - welche geradezu Pa-
last- und Hausfacaden imitiren, welche sich horizontal mit Sockel, Stock-
werken und Gesimsen gliedern, senkrecht mit Säulen, Halbsäulen und Pi-
lastern, und dazwischen statt der Füllungen Nischen mit Figuren oder
blinde Fenster mit der gewohnten plastisch-architektonischen Umrahmung,
mit Giebeln und Voluten einsetzen. Da kommt es denn freilich vor, da
doch dieser Facadenbau nur Thüren mit ihrem Gerüste vorstellt und
Sockel und Gesimse Schiebläden enthalten, dass die Säulen, die nach ihrer
Natur das Feststehende, Unbewegliche materiell wie symbolisch bedeuten,
mit den Thüren sich von ihrem Platze bewegen, selbst von ihrer Basis
und ihrem Capitäl sich trennen. Das ist jedenfalls eine Unzukömmlich-
keit, hinreichend, das Genre bedenklich erscheinen zu lassen, während man
andererseits sagen muss, dass, wenn es in gewissen verständigen Grenzen
gehalten wird, es wohl geeignet ist, mit seiner reichen Gliederung, mit
seinem kräftigen Spiel von Licht und Schatten eine bedeutende Wirkung
zu machen.
Von diesen Schränken, die meistens Sacristeien entstammen, ist in
unserer Ausstellung eine grosse Anzahl vorhanden, vom Ende des sech-
zehnten Jahrhunderts angefangen bis in das achtzehnte hinein. Insbe-
sondere sind charakteristisch und heachtenswerth diejenigen, welche aus der
Sammlung des Herrn Engen Miller von Aichholz (Nr. 68 bis 70, so wie
153) stammen; aber auch manche andere, namentlich von denjenigen,
welche unter den Arcaden aufgestellt sind, geben willkommene Varianten.
Ich verweise auf die Nummern 4, bis 6, Eigenthum der Herren Uebelacker
und Blum, so wie auf Nr. 8 (Museum) und 12. Man kann an ihnen
vortrefflich die Umwandlung im Detail verfolgen, die Veränderung der
Säulen aus cannelirten oder glatten, am unteren Theil mit Relief uni-
kleideten in die gedrehten, die auf Consolen eben nur vorgesetzt wer-
den, endlich die allmälige Hinweglassung aller vorspringenden Glieder und
Decorationen und den Beginn der glatten Kästen, deren Zierde nur noch
in Flader oder eingelegter Arbeit besteht.. .
Hier ist auch die Thür- und Wandbekleidung zu erwähnen, welch
im Sitzungssaal unter Nr. ig aufgestellt ist. Vermuthlich ist es eine
Tiroler Arbeit, wenigstens stammt sie aus dem Schlosse Völthurns bei
Brixen. Sie trägt ganz den imitativen architektonischen Charakter wie die
Schränke des Herrn Miller von Aichholz, obwohl sie vielleicht etwas
älter ist und noch dem sechzehnten Jahrhundert angehört. Sie schmückt
sich aber auch in allen Füllungen mit Marqueterie und fällt damit in eine
andere Classe des Mobiliars oder der Holzarbeiten, die im Folgenden be-
sprochen werden soll. (Schluss folgt.)