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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 11)

 
Lehneniläche einnimmt, ist bei den 
Wappenstühlen dieser Art die 
Durchbrechung seltener. Derb in 
Ausführung und Entwurf, der sich 
der knorpeligen Formen in wenig 
ausgesprochener Akzentuierung be- 
dient, ist ein Stuhl, der vor allem 
durch das unter einer Krone stehen- 
de Wappen, das vielleicht das der 
bayerischen Familie Tattenbach 
sein soll, unser Interesse erweckt. 
In geschweifter Form ausgesägt, 
zeigt die Rückenlehne eines anderen 
aus der Bodenseegegend stammen- 
den Stuhls zwischen Akanthuslaub 
vor der zeltartig ausgebreiteten 
I-Ielmdecke ein Wappen mit einer 
über einem Laubzweig stehenden 
Kuh (vielleicht das Wappen der 
Augsburger Familie Rehm). Künst- 
Abb. 138. Deutscher Drehstuhl, um xöoo. Höhe 0,70, lel-isch bedeutsam sind zwei weitere 
am" um Mm" Stühle dieser Gattung, wo wieder 
das von Krautwerk umgebene Wappen die Lehne bildet, das eine mit dem 
Wappen der Kemptener Familie Rader (Abb. 126), das andere aus der 
Bodenseegegend mit einem Wappen, das im Schild einen senkrechten Balken 
mit drei Sternen, auf dem Helm einen Flug mit einern Stern zeigt. Die 
schönsten Exemplare dieser Gattung bietet eine zusammengehörige Reihe 
von sechs Stühlen, welche in geschickt gezeichnetem und geschnitztem 
Akanthuslaub in runden Medaillons die Wappen bürgerlicher, wahrscheinlich 
Lindauer Familien zeigt. Die ausgezeichnete Erhaltung mit ihrem schönen 
alten braunen Holzton macht diese Stühle, von denen hier drei in den 
Abbildungen 127 bis 129 wiedergegeben werden, besonders wertvoll. 
Die bisher angeführten Stühle gehören ihrer Ausführung und ihrem 
Entwurf nach einer vornehmeren Kultur an. Eine weitere Reihe zeigt aber 
den Typus auch, wie er sich im XVII. und XVIII. Jahrhundert seiner ein- 
fachen Konstruktion halber zum bäuerlichen Möbel umbildet. 
Der älteste dürfte ein dreibeiniger (Schuster- ?) Stuhl von 1686 sein, der 
noch gewissermaßen als Übergang von der bürgerlichen zur bäuerlichen 
Art gelten kann. Die Lehne von rechteckiger Grundform, mit mannigfach 
ausgesägter Schweifung zeigt verschlungenes Rankenwerk in verschwomme- 
nern Renaissancecharakter. Diese Verschwommenheit stilistischer Bildungen 
zeigt immer deutlich auf die Verbauerung hin. Dies ist auch bei einem 
übrigens sehr frischen und originellen Stuhl der Landshuter Fischerinnung 
der Fall, der in seiner kräftigen originalen Bemalung die besondere alt-
	            		
617 bayerische Farbenfreudigkeit erscheinen läßt. Bei dem wohl etwa um 1700 entstandenen Stuhl ist die Behandlung der Beine in Spiralen besonders der Schrägstellung angemessen (Abb. 130). Ebenso wie das eben angeführte stilistische Merkmal ist für diese Bauernstühle ein technisches bezeichnend. Die Schnitzerei - im Übergang von handwerklicher zur häuslichen Erzeugung - bleibt auf die Oberfläche beschränkt, sie verBacht auch in dieser Richtung. Verhältnismäßig sehr hübsch geschieht das an einer der vielen alemannischen Arten, die sich um den Bodensee und in der Nordschweiz vorfinden. Das von 1713 stammende Exemplar der Sammlung gibt von dieser Art einen selten vorteilhaften Begriff (Abb. 131). Noch feiner wirkt ein Stuhl, dessen durchbrochene Lehne aus profiliertem, verschlungenem Bandwerk gebildet ist. Das hier in Abbil- dung 132 wiedergegebene Exemplar von außerordentlich sorgfältiger Arbeit ist im Elsaß erworben, doch kommen dergleichen Stühle auch in der Nord- und Ostschweiz vielfach vor. je später die Entstehung, desto geringer wird Abb. 13g. Drehbarer Bauernstuhl Abb. 140. Drehbarer Salzburger Bauernsiuhl. aus dem Jahre 1649. Höhe 0,895, Breite 0,375 Meter XVIILJaln-hunden. Höhe 0,90, Breite 0.30 Meter 80'
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