Lehneniläche einnimmt, ist bei den
Wappenstühlen dieser Art die
Durchbrechung seltener. Derb in
Ausführung und Entwurf, der sich
der knorpeligen Formen in wenig
ausgesprochener Akzentuierung be-
dient, ist ein Stuhl, der vor allem
durch das unter einer Krone stehen-
de Wappen, das vielleicht das der
bayerischen Familie Tattenbach
sein soll, unser Interesse erweckt.
In geschweifter Form ausgesägt,
zeigt die Rückenlehne eines anderen
aus der Bodenseegegend stammen-
den Stuhls zwischen Akanthuslaub
vor der zeltartig ausgebreiteten
I-Ielmdecke ein Wappen mit einer
über einem Laubzweig stehenden
Kuh (vielleicht das Wappen der
Augsburger Familie Rehm). Künst-
Abb. 138. Deutscher Drehstuhl, um xöoo. Höhe 0,70, lel-isch bedeutsam sind zwei weitere
am" um Mm" Stühle dieser Gattung, wo wieder
das von Krautwerk umgebene Wappen die Lehne bildet, das eine mit dem
Wappen der Kemptener Familie Rader (Abb. 126), das andere aus der
Bodenseegegend mit einem Wappen, das im Schild einen senkrechten Balken
mit drei Sternen, auf dem Helm einen Flug mit einern Stern zeigt. Die
schönsten Exemplare dieser Gattung bietet eine zusammengehörige Reihe
von sechs Stühlen, welche in geschickt gezeichnetem und geschnitztem
Akanthuslaub in runden Medaillons die Wappen bürgerlicher, wahrscheinlich
Lindauer Familien zeigt. Die ausgezeichnete Erhaltung mit ihrem schönen
alten braunen Holzton macht diese Stühle, von denen hier drei in den
Abbildungen 127 bis 129 wiedergegeben werden, besonders wertvoll.
Die bisher angeführten Stühle gehören ihrer Ausführung und ihrem
Entwurf nach einer vornehmeren Kultur an. Eine weitere Reihe zeigt aber
den Typus auch, wie er sich im XVII. und XVIII. Jahrhundert seiner ein-
fachen Konstruktion halber zum bäuerlichen Möbel umbildet.
Der älteste dürfte ein dreibeiniger (Schuster- ?) Stuhl von 1686 sein, der
noch gewissermaßen als Übergang von der bürgerlichen zur bäuerlichen
Art gelten kann. Die Lehne von rechteckiger Grundform, mit mannigfach
ausgesägter Schweifung zeigt verschlungenes Rankenwerk in verschwomme-
nern Renaissancecharakter. Diese Verschwommenheit stilistischer Bildungen
zeigt immer deutlich auf die Verbauerung hin. Dies ist auch bei einem
übrigens sehr frischen und originellen Stuhl der Landshuter Fischerinnung
der Fall, der in seiner kräftigen originalen Bemalung die besondere alt-
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bayerische Farbenfreudigkeit erscheinen läßt. Bei dem wohl etwa um 1700
entstandenen Stuhl ist die Behandlung der Beine in Spiralen besonders der
Schrägstellung angemessen (Abb. 130).
Ebenso wie das eben angeführte stilistische Merkmal ist für diese
Bauernstühle ein technisches bezeichnend. Die Schnitzerei - im Übergang
von handwerklicher zur häuslichen Erzeugung - bleibt auf die Oberfläche
beschränkt, sie verBacht auch in dieser Richtung. Verhältnismäßig sehr
hübsch geschieht das an einer der vielen alemannischen Arten, die sich um
den Bodensee und in der Nordschweiz vorfinden. Das von 1713 stammende
Exemplar der Sammlung gibt von dieser Art einen selten vorteilhaften
Begriff (Abb. 131). Noch feiner wirkt ein Stuhl, dessen durchbrochene Lehne
aus profiliertem, verschlungenem Bandwerk gebildet ist. Das hier in Abbil-
dung 132 wiedergegebene Exemplar von außerordentlich sorgfältiger Arbeit
ist im Elsaß erworben, doch kommen dergleichen Stühle auch in der Nord-
und Ostschweiz vielfach vor. je später die Entstehung, desto geringer wird
Abb. 13g. Drehbarer Bauernstuhl Abb. 140. Drehbarer Salzburger Bauernsiuhl.
aus dem Jahre 1649. Höhe 0,895, Breite 0,375 Meter XVIILJaln-hunden. Höhe 0,90, Breite 0.30 Meter
80'