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brachte unter den Möbeln jenen zierlichen Schmuckschrank, der im Auftrage des Kaisers
von Prof. J. Storck entworfen wurde, ausgeführt im Atelier des Tischlers Michel.
Dasselbe Möbel ist nun von neuem Gast im Museum, wo es nunmehr aber durch eine
weitere Zier bereichert worden ist: die an der Vorderseite und den daranstossenden
Seiten eingefügten Gemälde von Prof. Laufberger, welche damals noch nicht vollendet
waren. Das grössere Mittelbild und die beiden kleineren für die Seitentheile zeigen uns
mit liebenswürdiger Lehrhaftigkeit die Geschichte des menschlichen Schmuckes, des Or-
namentes überhaupt im weiteren Sinne, ja der ganzen Kunst. Da ist einmal die Theorie
selbst Obiect der künstlerischen Praxis geworden, so dass man gewiss dieses Kunstwerk
ein echtes Kind seiner Zeit nennen kann. Es ist der Wichtige Lehrsatz Semper's, dass die
Zierden der Natur: Laub, Zweige und Blumen, Vogelfedern und Muscheln, Korallen und
bunte Steinchen, die Vorbilder und zugleich auch schon die ersten Formen zum Schmuck,
zur Bethätigung des Kunstsinns hergegeben haben - selber in ein Kunstwerk geistvoll
übersetzt. Denn wir sehen den jungen Schützen, der mit der Feder des eben erlegten
Rauhvogels die Mütze schmückt, und das Fischermädchen am Meeresstrand, dessen Haare
die Korallenbeute der Brandung ziert. lm Hauptbilde dann werden wir aus diesen Ur-
Zuständen in die höchste Cultursphare versetzt und sehen eine prächtig altvenezianisch
gekleidete Schöne, der geschäftige Genien von allen Seiten jegliche Art Schmuckes -
von der Rose bis zum Werke Benvenuto Cellini's - herzubringen. Die Bildchen sind
allerliebst gemalt und erfunden, insbesondere ist der Jäger eine reizende ldylle, das Mittel-
bild prangt im saftigsten Colorit. Am meisten erfreut uns die Bemerkung, dass unsere
theoretischen Studien über die Genesis der Kunst anfangen, gesunde Stoffe für letztere
selber zu liefern - was gewiss ein Beweis von ihrem lebendigen Werthe ist. (N.fr.Pr.)
(Kimstgewerblioher Unterricht in Oberösterreich.) Dem Berichte der
Handels- und Gewerbekammer in Linz für das Jahr 1873 entnehmen wir folgende
Daten: Die vor drei Jahren von dem Verein der bildenden Künstler und Kunstfreunde
in Linz gegründete kunstgewerbliche Fachschule daselbst umfasst zwei Abtheilungen.
die erste von diesen drei Curse: i. für geometrische Formenlehre, 2. für Freihand-
zeichnen, Malen und Modelliren, 3. für Geschmacks- und Styllehre; in der zweiten Ab-
theilung wird construetives Bauzeichnen gelehrt. Den Unterricht besorgen drei Lehrer.
Die Anstalt wurde zu Beginn des Schuljahres i872] 73 von 85, zu Ende desselben von
iii Schülern besucht, wovon 9 auf die zweite Abtheilung kommen. .
Die Fachschule für Holzschnitzerei und Kunsttischlerei in Mondsee (am i. Mai
1873 eröffnet) hatte t6 Schüler, die Fachschule für Holzindustrie und Marmotbearbeitung
in Hallstatt (seit tg. Mai i873) deren 30.
(Gewerblicher Unterricht.) Se. Majestät der Kaiser haben - wie die v-W. Zuß
meldet - die definitive Systemisirung der drei k. k. Gewerbeschulen zu Czernowitz, ,
Brünn und Bielitz unter den vom Unterrichtsminister beantra ten Modalitäten zu ge-
nehmigen geruht. Die Lehrkräfte dieser neuartigen gewerblic en Unterrichtsinstitute
werden darnach dem Lehrpersonale der Staatsmittelschulen in allen Beziehungen gleich-
estellt. Jede dieser Schulen, welche in voll entwickeltem Stande zehn ordentliche Pro-
essoren und mehrere supplirende Lehrer in Anspruch nimmt, wird einen Jahresaufwand
von 25.000 H. erfordern. Mit der dehnitiven Einfügung dieser Schulen in das österrei-
chische Unterrichtssystem hat die Entwicklung des Gewerbeschulwesens einen um so
bedeutenderen Fortschritt gemacht, als bisher nur die im Jahre i87o organisirte k. k.
Bau- und Maschinen-Gewerbeschule in Wien die einschlägigen Bedürfnisse von Staats-
wegen befriedigte.
(Die Tiroler Glasmalereianatalt.) Ueber die Glasmalereianstalt in lnnshruck
berichten die w-N. Tir. Sm: Der Director derselben, Dr. A. Jele, ist mit dem ersten
Zeichner der Anstalt, l-lerrn Schmid, von einer längeren Studienreise zurückgekehrt
und hat auf derselben grossere, den ausgezeichneten Ruf dieses Kunstinstitutes au s neue
bekundende Aufträge entgegengenommen. Von ganz besonderer Bedeutung dürften dar-
unter die Glasmalereien für die Kirche in Telgte, dem westphalischeu Kevlaar bei Münster,
und die Restaurationsarbeiten für das Darmstädter Museum sein. Letztere, vielfach von
Glasmalern umworben, wurden wegen ihres seltenen Werthes von der deshalb um so
ängstlicheren Direction bisher noch nie aus der Hand gegeben; mit allem Vertrauen
übertrug sie aber der Tiroler Glasmalerei diese ehrenvolle Aufgabe. - Eines immer
grosseren Rufes erfreuen sich auch die in der Glashütte von Herrn Alb. Neuhauser in
Innsbruck erzeugten Kathedralgläser, deren Ebenbürtigkeit mit den englischen von Archi-
tekten wie von Glasmalern anerkannt ist. Aus einer Reihe von Bestellungen auf diese
Glaser heben wir nur die drei der berühmtesten Dome und Münster Deutschlands hervor:
die Bestellungen für den Münster in Ulm, für die Elisabethkirche in Marburg und für den
Kölner Dom.