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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 109)

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wieder gehoben. Dank einer geläuterten, besseren Geschmacksrichtung, 
die sich in vielen Kreisen der Gesellschaft Bahn gebrochen hat, ist so- 
wohl für Herstellung von kunstreich geklöppelten Spitzen, als auch für 
Spitzen in Nadelarbeiten in den zwei letzten Jahrzehnten von Industriellen 
in Frankreich, England und Deutschland Anerkennungswerthes geleistet 
worden. Die letzten grossen Weltausstellungen in Paris, London und 
Wien lieferten in den zahlreich eingesendeten Concurrenzarbeiten den 
schlagenden Beweis, dass man in Frankreich, Deutschland, Belgien und 
sogar in Russland, wieder anknüpfend an die Traditionen der alten In- 
dustrie-Kreise, mit Eifer und Entschiedenheit abermals bestrebt ist, der 
Spitzenfabrication ihren ehemaligen Rang unter den industriellen Künsten 
zu vindiciren und der leeren und unsoliden Massenproduction von meist 
baumwollenen Fabrikspitzen erfolgreiche Concurrenz entgegen zu stellen. 
ln Belgien sind es besonders die Spitzen-lndustrieschulen von Brüssel, 
Mecheln, Gent, Brügge und Ypern, die mit grossem Erfolge die schönsten 
Pruductionen der Spitzenindustrie früherer Jahrhunderte wieder zu Tage 
fördern. Auf dem grossen Weltmarkt finden diese belgischen Erzeugnisse 
der freien Hand allgemeine Anerkennung und zahlreiche Käufer. Auch 
in Frankreich ist man in den alten lndustrie-Districten mit Aufbietung 
aller Kräfte bestrebt, den ehemaligen französischen Vorrang auf dern Ge- 
biete der Spitzenfabrication den Industriellen Englands und Belgiens 
gegenüber, dauernd wieder zu erringen. Namentlich werden zu Mire- 
court, Caen, Bayeux, Chantilly, le Puy und überhaupt in der Auvergne, 
welche heute mehr als 100.000 Spitzenwirkerinnen beschäftigt, Kunst- 
werke mit der Nadel und auf dem Kissen neu hervorgebracht, welche mit 
den schönsten Leistungen früherer Jahrhunderte von Aleneon, Venedig und 
Genua abermals kühn in die Schranken treten können '). Auch England 
und Irland, insbesondere aber Deutschland ist bei dieser allgemeinen 
Concurrenz, die Spitzenindustrie von dem Druck des Webstuhls zu- be- 
freien und dieselbe zu ihrer früheren Bedeutung wieder zu erheben, nicht 
zurückgeblieben. , 
Erfreulich ist es wahrzunehmen, wie namentlich auch in Sachsen 
und Böhmen die Spitzenindustrie nach tiefem Verfall in den letzten Jahr- 
zehnten, neu verjüngt, zu schönerem Schaffen sich wieder emporgerichtet 
hat. Zu diesem Aufschwung der Spitzenfabrication im sächsischen Erz- 
gebirge trugen nicht wenig bei die vielen daselbst durch Staatsmittel in 
jüngster Zeit gegründeten Klöppelschulen. Einem uns in Druck vorliee 
genden Berichte des Klöppelschul-lnspectors Richter in Schwarzenberg 
zufolge zählt Sachsen gegenwärtig mehr als 20.000 Spitzenklöpplerinnen 
und ist der Gesammtwerth der sächsischen Spitzenfabricate in den letzten 
Jahren durchschnittlich zu 1"], Millionen Thaler jährlich anzuschlagen. 
') Vg). über die Entwickelung der Spitzenfabricalion i 
Jury international 1867. 
Frankreich: Rapport du
	        
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