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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 112)

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Zur endgiltigen Decorirung und Ausstattung gehört natürlich auch eigens 
dazu geschalfenes Geräth und Geschirr, was hier nicht vorhanden ist. 
Zu dem einen derselben, dessen breite, blaue Bordure von Storck ge- 
zeichnet ist, würde sich das bekannte, mit Kobaltblau unter der Glasur 
decorirte Geschirr, das einst so reichlich in Gebrauch war und heute 
ganz aus der Mode gekommen, vortrefflich eignen. Unsere Fabriken 
schaffen es heute nicht oder in seltensten Fällen. Wir benützen die Ge- 
legenheit, um zu einer Wiederaufnahme, die bereits von Meissen und 
Kopenhagen geschehen ist, neuerdings zu ermuntern. 
Das zweite Tafeltuch ist reicher in der Farbe, denn seine pracht- 
volle Bordure, die von Hansen entworfen ist, setzt sich aus Blau, Roth 
und zwei verschiedenen Tönen von Gelb zusammen. Die ganze Fläche, 
soweit sie auf der Tafel zu liegen kommt und mit Geschirr und Geräth 
bestellt wird, hat mit richtigem Gefühl nur ein stylisirtes, sich wieder! 
holendes weisses Damastmuster erhalten. Dieses Tafeltuch ist nicht mehr 
ein blosser Versuch, nicht zur Befriedigung der fixen Idee eines archäo- 
logischen Gemüthes geschaffen, sondern auf Bestellung der Baronin Sina 
für ihre eigene Tafel, ein Umstand, der hoffentlich bei unseren ästhetisch- 
schüchternen Hausfrauen von Gewicht sein wird. Zu beiden Tischtüchern 
sind auch die entsprechenden Servietten mit farbiger Bordure vorhanden, 
diejenigen aber zu dem Sina'schen scheinen weniger gelungen. Auch 
einige Handtücher mit blauen, rothen und gelben oder verschiedenfarbigen 
Borduren, welche die Ausstellung von Regenhart 8: Raymann uns vor- 
führt, zeigen, wie vortrefflich sich die Farbe mit dem glänzenden, schim- 
mernden Weiss der Damastleinwand verbindet. 
Die zweite Wahrnehmung, von welcher wir reden wollten, geben 
uns die Collectionen von Möbelstolfen, welche die beiden Fabriken von 
Karl Giani und von Philipp Haas 8a Söhne ausgestellt haben. Beide 
haben mit einer Reihe völlig neuer Muster an dem Princip der stylisirten 
Flächenornamente festgehalten, die ihnen, vielleicht nach mancherlei trüben 
Erfahrungen, die ein Vorgehen gegen den herrschenden Geschmack der 
Menge immer mit sich zu bringen pflegt, endlich auf unserer Weltaus- 
stellung den vollen Beifall der Welt eingetragen haben. Wir freuen uns, 
dass sie trotz der Ungunst der Zeiten auf dem richtigen Wege fortge- 
schritten sind. Sie haben sicherlich gut daran gethan. Das, was anfangs 
als archäologische Liebhaberei, dann als theoretisch gut und richtig, aber 
als im Widerspruch mit dem herrschenden Geschmack schien und auch 
war, das ist jetzt Mode, einstweilen in der besten und gebildetsten Welt 
und wird es wohl bald ziemlich allgemein sein. 
Einen Beweis dafür gibt uns die Stellung, welche die Franzosen 
bisher eingenommen haben. Als diese stylisirten Gewebe, insbesondere 
jene von Karl Giani nach mittelalterlichen Vorbildern, zum ersten Male 
auf der Pariser Ausstellung von 1867 erschienen und einige Aufmerk- 
samkeit auf sich zu ziehen begannen, da war den französischen Fabri- 
.
	        
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