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der Bedürfnisse, des Geschmackes, der Leistungsfähigkeit der orientalischen
und ostasiatischen Völker zu verschaifen; allein es ist dies eben nur ein
Moment neben anderen. Wien oder Oesterreich um ein Museum (im land-
läufigen Sinne des Wortes) zu bereichern, war nicht das Ziel der Bestre-
bungen, welche auf der Weltausstellung in dem Cercle oriental zuerst
auftraten. Die am 3. Mai dem Publicum geöffneten Sammlungen sind
nur sozusagen das Schauende, während die eigentliche grosse bedeutungs-
volle Arbeit, welche das Orientalische Museum auf sich genommen hat,
erst mit der Zeit in ihren Ergebnissen sichtbar werden kann.
Die Weltausstellung von 1873 hat umfassender als ihre Vorgänge-
rinnen ein Bild der industriellen Thätigkeit des Orients entrollt, die dazu
berufenen Factoren haben die Gelegenheit reichlich benutzt, zu sammeln,
was der inländischen Production unmittelbar oder mittelbar als Vorbild
dienen kann und der Import hat seitdem einen bedeutenden Aufschwung
genommen. Das Orientalische Museum hat sich im Gegentheil vorgesetzt,
unserer Industrie im Osten neue Absatzgebiete zu erschliessen und die
ergiebigere Ausbeutung der bereits eröffneten zu befördern. Mehr als
irgend ein anderes Industrieland hat Oesterreich den natürlichen Beruf,
den Osten mit den Erzeugnissen des Abendlandes zu versorgen; um so
weniger darf es müssig zusehen, wenn Frankreich und England die
grössten Anstrengungen machen, sich diesen Markt zu sichern. Es gilt,
Natur und Umfang der dortigen Bedürfnisse, die Consumtionsfähigkeit
mit Rücksicht auf unsere Productionskraft, die Marktverhältnisse, die Ab-
satzwege, die Usancen u. s. w. gründlich zu studiren, statistisches und
ethnographisches Material zu sammeln, Correspondenten und Agenten
aufzustellen, um dem Fabrikanten und dem Exporteur jede gewünschte
Auskunft geben zu können oder denselben Fingerzeige und Anregungen
zukommen zu lassen. Das ist ein weites, unermüdlichen Fleiss, Umsicht
und Ausdauer erforderndes Arbeitsfeld; allein es verheisst auch reichen
Segen für unsere jetzt so hart bedrängte Industrie. Und da das Unter-
nehmen auf allen Seiten vollem Verständnisse und thätigem Interesse
begegnet, darf auch mit Sicherheit auf den besten Erfolg gehofft werden.
Das Oesterr. Museum kann nur mit Freuden die Gründung einer
Anstalt begrüssen, welche die Thätigkeit unseres Instituts wesentlich er-
gänzt und auf selbständigen Wegen dem gemeinsamen Ziele zustrebt:
der Hebung und Kräftigung der österreichischen Industrie.
Dio photographische Ausstellung im k. k. Oosterr. Museum.
Durch die Munificenz der Leitung des k. k. Oesterr. Museums für
Kunst und Industrie wurde der photographischen Gesellschaft in Wien
die Gelegenheit geboten, einem lang gehegten und mehrseitig ausgespro-