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Arten der Kunsttechnik gar nicht oder doch nur ungenügend auf der
Ausstellung erschienen sein würden; den Hauptstock haben die königliche
Familie aus ihrem Privatbesitze, 10 sächsische Städte, 28 Kirchen und
Klöster, 20 Corporationenx und Vereine und eine grosse Zahl von Privat-
personen beigesteuert, im Ganzen bei rooo Nummern.
Eine Thatsache springt dabei sofort in die Augen: abgesehen von
einzelnen Gegenständen, meist aus geistlichemBesitze, gehört alles dem Zeit-
alter der Renaissance und den nächstfolgenden Perioden an. Das kann der
Umstand allein nicht erklären, dass die Prachtliebe Augusfs des Starken
und seines Nachfolgers die künstlerische Thätigkeit Sachsens vornehmlich
in Schwung gebracht hat; denn es fehlt ja nicht an Beweisen, dass in der
Zeit der wirklichen Grösse und Macht des Landes, welche jener Epoche
eines trügerischen Glanzes voranging, die Fürsten auch Sinn hatten für
Schönheit und Schmuck des Lebens, und es lässt sich wohl annehmen,
dass damals, da Sachsen noch ein reiches Land war, auch Adel und Bürger-
thum einen soliden Luxus entwickelt haben werden. Aber wenn der
dreissigjährige Krieg fast im ganzen Norden Deutschlands den Wohlstand
vernichtete und eine Verwüstung hinterliess, deren Spuren die Jahrhunderte
noch nicht haben tilgen können, so hatte Sachsen ausserdem schon
vorher durch die Hussitenzüge furchtbar gelitten, und wahrscheinlich
damals ist zu Grunde gegangen oder weggeschleppt worden, was das Land
an älteren Kunstarbeiten angesammelt hatte.
Es ist alles geschehen, um den Besuch dieser Ausstellung auch für
das grössere Publicum lehrreich zu machen. Eine streng systematische
Anordnung in Räumen, welche nicht von vornherein für solche Zwecke
bestimmt gewesen sind, wäre sehr schwierig gewesen, und wie es ja in
solchen Fällen meistens geht, haben das historisch-technische und das
malerische Princip sich zu einem Compromiss geeinigt. Ein - zur Zeit
meiner Anwesenheit leider noch nicht erschienener - Katalog, Arbeit des
Comitemitgliedes Herrn Architekten Steche, liefert die zur Orientirung
nothwendigsten Daten über Bedeutung, Zeit und Stil der einzelnen Gegen-
stände und erfüllt seine Eigenschaft als Führer in musterhafter Weise.
Ein sauber ausgeführter Grundriss zeigt nicht nur die Schaukästen und
Tische mit ihren Nummern und die grösseren Ausstellungsobjecte oder
Gruppen an, sondern auch durch eine rothe Linie mit Pfeilen die Folge
der Katalognummern, so dass es möglich ist auf einem Rundgange jedes
Stück zu besichtigen.
Im ersten Zimmer sind vornehmlich kirchliche Gegenstände aufge-
stellt, und zwar Möbel, Altargeräthe aller Art, Gewänder, Stickereien
und Spitzen, Kronleuchter, Glasmalereien, Chorbücher etc. Hier belindet
sich wie bemerkt Verschiedenes aus romanischer und gothischer Zeit an
Kelchen, Reliquiarien u. dgL, namentlich ein romanischer vergoldeter
Speisekelch ähnlich dem berühmten von Wilten. Besonders anziehend
und wichtig aber ist eine Sammlung von nachweislich sächsischen Buch-