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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 137)

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oder Blau und Braun u. s. w. ist, der vollständige Glasglanz der Glasur, 
sind ebensoviele Punkte der Anerkennung für den Töpfereitechniker, als 
sie für den Kunstgewerbefreund Anziehungspunkte bilden. 
Um die dritte Gattung der Doulton'schen Arbeiten, die Terracotten, 
zu würdigen und zu verstehen, muss man abermals sich aus den Vor- 
stellungen vom allmählichen Reifen der Ideen, vom schweren Uebergang 
von mangelhaftem zu gutem Stil losmachen, da man erfährt, dass die 
ganze neue Blüthe des Doulton'schen Geschäftes in der genannten Rich- 
tung einem Mann, einem Künstler verdankt wird. Es ist Georg Tin- 
worth, einer der Leiter der Doulton'schen Werkstätten. Am Kensington- 
museum ausgebildet, hat er seine grosse Gaben in der Doulton'schen An- 
stalt bis zu einer wunderbaren Höhe entwickelt. Es ist nicht Floskel, 
wenn ich sage, dass ich darauf verzichten muss, durch blosse Beschreibung 
die Trefflichkeit der Leistungen erfassbar zu machen. Das Talent Tina 
worth's hat ihn von dem unbelebten und Pflanzenornament mit kühnen 
Schritten in die figürliche Plastik hinein schreiten lassen. Und gerade die 
Art seiner Plastik ist das wichtigste und bedeutendste Kennzeichen seines 
wahrhaften Verständnisses der Aufgabe. Es ist die ganz rein aus der Thon- 
technik hervorgehende Plastik. Da ist nicht das Verkleinern der griechischen 
Antike oder das Reproduciren der Thorwaldsen oder Pradier, was wir 
an vielen Terracotten der Ausstellung zwar hochachten, aber nicht ohne 
Vorbehalt bewundern, sondern da ist die scheinbar unmittelbare Erfin- 
dung, welche das arbeitende Modellirholz führt, wenn es das bildsame, ' 
nachgiebige und doch widerstehende Material nach Willkür gestaltet. Man 
glaubt den Arbeiten jene Schaffungsfreude anzusehen, welche auch unsere 
Marmorbildhauer erfasst, wenn sie aus dem geschmeidigen Material das 
Thonmodell bilden. Hier bei Tinworth ist der frische, eben geborene 
Gedanke festgehalten und ausgebildet; es ist nicht die unserem Bildhauer 
nothwendig vorschwebende Uebersetzung der Bronze in Thon, des Mar- 
mors in Thon - an dessen Stelle Drake's Meisterhand den Gips gesetzt 
-- sondern die Schaffung dessen, was unmittelbar in seiner Eigenthüm- 
lichkeit erhalten bleiben und (durch das Brennen) dauernd gemacht werden 
soll. Ganz dasselbe ist es, was wir an mittelalterlichen Werken deutscher 
Töpfereikünstler bewundern und bisher als kaum je wieder erreichbar 
angesehen haben. Hier aber, vor TinwortHs Sachen, glaubt man, dass 
die Zeit der Hirschvogel und Hans Kraut wieder lebendig geworden sei. 
Oben erwähnte ich der Kanzel. Die Tafeln derselben enthalten figür- 
liche Gruppen biblisch-geschichtlichen Inhalts, trefflich in Composition 
und Zeichnung. Sodann sind kleine eingerahmte Hochreliefs da, etwa ein 
Dutzend an der Zahl. Sie sind eigentlich nicht Hochreliefs, sondern stehen 
zwischen letzteren und der frei gearbeiteten Gruppe mitten inne, indem 
ein Theil der Figuren ganz frei vom Hintergrund abgehoben ist, etwa so, 
dass diese Figürchen bei zwei Zoll Höhe um einen Zoll vom Hintergrund 
abstehen. Es entstehen dadurch äusserst kräftige Schattenwirkungen, welche
	        
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