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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 140)

Die Bevölkerung der höher gelegenen Gemeinden des böhmischen 
Erzgebirges ist mit ihrem Erwerbe vorwiegend auf die Spitzenanfertigung 
angewiesen. Theils in Folge der allgemeinen ungünstigen wirthschaftlichen 
Verhältnisse, theils in Folge der Aenderung der Mode ist der Absatz von 
Spitzen aus dem Erzgebirge ganz in Stocken gerathen. Dadurch wurde 
in diesen Gemeinden der einzige Erwerb im Winter so sehr herabgedrückt, 
dass die Bevölkerung, selbst bei aller Anstrengung, den nothwendigsten 
Lebensunterhalt zu verdienen nicht im Stande ist und sich, wenn nicht 
eine Unterstützung eintreten würde, dem Hunger gegenüber sähel 
Das Centralcomite, welches in Prag zur Beförderung der Erwerbs- 
thätigkeit der böhmischen Erz- und Riesengebirgsbewohner eifrig und er- 
folgreich wirkt, hat nun an die oberste Schutzfrau alles Guten und Schönen, 
Ihre Maj. die Kaiserin, die allerunterthänigste Bitte gerichtet: es möge 
dem Obmann-Stellvertreter des Comite R. Ritter von Dotzauer huld- 
reichst gestattet werden, Ihrer Mai. der Kaiserin eine Mustersammlung 
von Spitzen aus dem böhmischen Erzgebirge zu Füssen legen zu dürfen. 
Diese ergebenste Bitte hat Ihre Maj. die Kaiserin allergnädigst gewährt 
und am 23. d. M. wurde Herrn v. Dotzauer das Glück zu Theil, vor 
Ihrer Mai. der Kaiserin erscheinen und die Spitzensammlung vorlegen zu 
dürfen. 
Ihre Mai. die Kaiserin geruhte huldreich Allerhöchstihre Anerkennung 
über die Thätigkeit des Comite auszusprechen, die Spitzensammlung wohl- 
gefällig in Augenschein zu nehmen und sofort dreitausend Gulden zu dem 
erbetenen Zwecke zu bestimmen und zu verfügen: dass für diesen Betrag, 
nach Mustern und Zeichnungen, welche das k. k. Oesterr. Museum für 
Kunst und Industrie beizustellen haben wird, Spitzen im böhmischen Erz- 
gebirge angefertigt werden, welche als Ausstellungsobjecte bei der Welt- 
ausstellung in Paris im Jahre 1878 zu dienen haben. Zugleich geruhte 
Ihre Maj. die Kaiserin, Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin Iohanna Auers- 
perg zu ersuchen: im Kreise der Damen Wiens dahin wirken zu wollen, 
dass der nothleidenden Bevölkerung des böhmischen Erzgebirges durch 
Bestellung von Spitzen oder Ankauf derselben Beschäftigung, Arbeit und 
Verdienst zugewendet werde. 
Dieses hochherzige, voranleuchtende Beispiel Ihrer Maj. der Kaiserin 
wird nicht nur Segenswünsche auf die Lippen der armen Arbeiter im Erz- 
gebirge hingen, sondern auch herzerhebend und beispielgebend in allen 
Kreisen Öresterreichs wirken, welche durch den neuen huldvollen Beweis 
der Allerhöchsten Theilnahme und Fürsorge für Milderung der Noth einer 
fleissigen Arbeiterbevölkerung den Impuls erhalten, dem erhabenen Vor- 
bilde nachzustreben. Gleich den Damen Wiens, welche Ihre Durchlaucht 
die Frau Fürstin Johanna Auersperg gewiss mit schönstem Erfolge 
unterstützen werden, um dem erhabenen Wunsche Ihrer Mai. der Kaiserin 
nachzukommen, dürften sich die Damen in den Kronländerstädten ver- 
einigen, um durch Bestellungen von Spitzen im böhmischen Erzgebirge, 
welche das Centralcomite in Prag bereitwilligst vermittelt, die Noth der 
Armen zu mildern, ihnen Arbeit, das tägliche Brot zu geben. 
Man nennt nFeenhändeu die Hände der armen Frauen, welche Tag 
und Nacht emsig schaffen, um ihren Familien das Leben zu fristen; nun 
v-Feenhändeu werden es auch sein, welche den armen hungernden Arbei- 
terinnen im kargen Erzgebirge die Arbeit ermögliehen, Arbeit geben. Und 
an der Spitze dieser edlen, patriotischen Damen stehrdie oberste Schutz- 
frau solch schönen Wirkens und Wohlthuns, die allverehrte Kaiserin 
Elisabeth. '
	        
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