Die Bevölkerung der höher gelegenen Gemeinden des böhmischen
Erzgebirges ist mit ihrem Erwerbe vorwiegend auf die Spitzenanfertigung
angewiesen. Theils in Folge der allgemeinen ungünstigen wirthschaftlichen
Verhältnisse, theils in Folge der Aenderung der Mode ist der Absatz von
Spitzen aus dem Erzgebirge ganz in Stocken gerathen. Dadurch wurde
in diesen Gemeinden der einzige Erwerb im Winter so sehr herabgedrückt,
dass die Bevölkerung, selbst bei aller Anstrengung, den nothwendigsten
Lebensunterhalt zu verdienen nicht im Stande ist und sich, wenn nicht
eine Unterstützung eintreten würde, dem Hunger gegenüber sähel
Das Centralcomite, welches in Prag zur Beförderung der Erwerbs-
thätigkeit der böhmischen Erz- und Riesengebirgsbewohner eifrig und er-
folgreich wirkt, hat nun an die oberste Schutzfrau alles Guten und Schönen,
Ihre Maj. die Kaiserin, die allerunterthänigste Bitte gerichtet: es möge
dem Obmann-Stellvertreter des Comite R. Ritter von Dotzauer huld-
reichst gestattet werden, Ihrer Mai. der Kaiserin eine Mustersammlung
von Spitzen aus dem böhmischen Erzgebirge zu Füssen legen zu dürfen.
Diese ergebenste Bitte hat Ihre Maj. die Kaiserin allergnädigst gewährt
und am 23. d. M. wurde Herrn v. Dotzauer das Glück zu Theil, vor
Ihrer Mai. der Kaiserin erscheinen und die Spitzensammlung vorlegen zu
dürfen.
Ihre Mai. die Kaiserin geruhte huldreich Allerhöchstihre Anerkennung
über die Thätigkeit des Comite auszusprechen, die Spitzensammlung wohl-
gefällig in Augenschein zu nehmen und sofort dreitausend Gulden zu dem
erbetenen Zwecke zu bestimmen und zu verfügen: dass für diesen Betrag,
nach Mustern und Zeichnungen, welche das k. k. Oesterr. Museum für
Kunst und Industrie beizustellen haben wird, Spitzen im böhmischen Erz-
gebirge angefertigt werden, welche als Ausstellungsobjecte bei der Welt-
ausstellung in Paris im Jahre 1878 zu dienen haben. Zugleich geruhte
Ihre Maj. die Kaiserin, Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin Iohanna Auers-
perg zu ersuchen: im Kreise der Damen Wiens dahin wirken zu wollen,
dass der nothleidenden Bevölkerung des böhmischen Erzgebirges durch
Bestellung von Spitzen oder Ankauf derselben Beschäftigung, Arbeit und
Verdienst zugewendet werde.
Dieses hochherzige, voranleuchtende Beispiel Ihrer Maj. der Kaiserin
wird nicht nur Segenswünsche auf die Lippen der armen Arbeiter im Erz-
gebirge hingen, sondern auch herzerhebend und beispielgebend in allen
Kreisen Öresterreichs wirken, welche durch den neuen huldvollen Beweis
der Allerhöchsten Theilnahme und Fürsorge für Milderung der Noth einer
fleissigen Arbeiterbevölkerung den Impuls erhalten, dem erhabenen Vor-
bilde nachzustreben. Gleich den Damen Wiens, welche Ihre Durchlaucht
die Frau Fürstin Johanna Auersperg gewiss mit schönstem Erfolge
unterstützen werden, um dem erhabenen Wunsche Ihrer Mai. der Kaiserin
nachzukommen, dürften sich die Damen in den Kronländerstädten ver-
einigen, um durch Bestellungen von Spitzen im böhmischen Erzgebirge,
welche das Centralcomite in Prag bereitwilligst vermittelt, die Noth der
Armen zu mildern, ihnen Arbeit, das tägliche Brot zu geben.
Man nennt nFeenhändeu die Hände der armen Frauen, welche Tag
und Nacht emsig schaffen, um ihren Familien das Leben zu fristen; nun
v-Feenhändeu werden es auch sein, welche den armen hungernden Arbei-
terinnen im kargen Erzgebirge die Arbeit ermögliehen, Arbeit geben. Und
an der Spitze dieser edlen, patriotischen Damen stehrdie oberste Schutz-
frau solch schönen Wirkens und Wohlthuns, die allverehrte Kaiserin
Elisabeth. '