Nr. 6
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Kunst zu sammeln, trifft man gegenwärtig in
London auch noch im A p s 1 e y House und im
Bridge water House an. Das klassische Apsley
House, das 1817 vom englischen Volke dem Herzog
von Wellington geschenkt wurde, enthält vor
allem die Bilder, die der Sieger von Waterloo auf
seinem spanischen Feldzug den Franzosen abnahm,
welche die Gemälde von Madrid nach Paris bringen
wollten. Man sieht da Arbeiten von Ribera und
Murillo, zwei Jugendwerke des Velasquez, Bilder
von Tizian, Breughel usw. Noch interessanter ist die
Sammlung im Bridgewater House. Die Kollektion,
vom letzten Herzog von Bridgewater (1736 bis
1803) zusammengetragen, ist älter als das glänzende
Palais, das einer der Grafen von Ellesmere in
der Mitte des 19. Jahrhunderts errichten ließ. Den
Mittelpunkt der Sammlung bilden die drei Madonnen
von Raffael, von denen die schönste, die in zarten
Farben gemalt ist, seit jeher als die Bridgewater
Madonna bekannt ist. Daneben gibt es fünf Bilder
von Rembrandt, einige Tizians, einen Poussin usw.
Solche Kollektionen kann ein Privatmann heutzutage
nur noch anlegen, wenn er ein Graf von Iveagh ist,
und auch dann nur, wenn er die Sammlung allge
mein zugänglich macht, weil sonst der Staat eine un
erträglich hohe Luxussteuer von Bildern einhebt.
Sraphik-V er Steigerung in JSerlin.
Die Firma H o 11 s t e i n & P u p p 1 e 1 in Berlin
versteigert vom 4, bis 6. Mai die Sammlung Graf R.
de V ..., die Kupferstiche und H a n d Zeich
nungen alter Meister umfaßt.
Die Kupferstich-Sammlung enthält wertvolle
Blätter aus der Zeit vom Ende des 15. bis Anfang
des 19. Jahrhunderts. Besonders glänzend vertreten
sind 1 die Hauptmeister Dürer, Rembrandt, Leyden
und Schongauer. Das Kupferstich werk Dü
rers enthält fast alle Hauptblätter des Künstlers
in prachtvollen frühen Abdrucken und viele der sel
teneren Blätter, wie „Der heilige Georg zu Pferde“
und andere. Von Rembrandt sind die bedeuten
den Blätter „La petite Tom'be“, „Jan Lutma der
Aeltere'' im zweiten Zustand und „Das Hundertgul
denblatt“ zu erwähnen. Von Schongauer kom
men unter anderem Passionsblätter zum A.usgebot,
wie sie in solcher wundervollen Gleichmäßigkeit
frühester Abdrücke höchst selten auf dem Markt er
scheinen. Es sind vorhanden: „Christus vor Hannas“,
„Die Geisselung“, „Die Dornenkrönung“, „Christus
vor Pilatus“, „Ecce homo“, „Pilatus wäscht seine
Hände“ (siehe die Abb. Fig, 1), das seltene und wohl
schönste Blatt der Folge „Christus am Kreuz“, „Chri
stus in der Vorhölle“. Sonst ist als Abdruck von
höchster Qualität noch das Blatt „Der Engel der
Verkündigung" zu erwähnen.
Besonders hervorzuheben ist in der Abteilung
der Kupferstiche noch die Folge von seltenen Blät
tern von und nach Pieter Breughel d, Ae., da
bei auch die beiden nach neuerer Forschung als
Originalradierungen betrachteten Landschaften Ba-