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in der Kirche, sowie bei kirchlichen Einrichtungen und ähnlichen Dingen
gewissermassen ein Bedürfniss der ganzen Landbevölkerung Tirols ist.
Maler Roux, der ebenfalls an dieser Schule zu wirken berufen ist, ist
ein Schüler Führich's, ein durch vielseitige Kenntnisse und durch seine
strenge Gewissenhaftigkeit in allen Kreisen Wiens bekannte Persönlichkeit.
Der dritte Lehrer, Bildhauer Fuss, ist ein Schüler Kundmanms, an
der Wiener Akademie gebildet und gleich gut bewandert in der liguralen
Plastik wie auch in der ornamentalen Bildhauerei. Alle drei Künstler
stehen in den besten Lebensjahren, in der Vollkraft ihrer künstlerischen
Thätigkeit und ist daher für das Gedeihen der jungen Anstalt gewiss ein
günstiges Resultat zu erwarten. Die Schwierigkeiten, welche sich ergeben
haben, nämlich gesonderte Arbeitslocale für die genannten drei Herren zu
beschallen, und ein Schullocale für die provisorische Einführung des Abend-
curses zu ermitteln, scheinen bereits behoben zu sein. Auch ist die Ein-
richtung getroffen worden, dass zweimal wöchentlich in den Nachmittags-
stunden ein specieller Zeichencurs für Mädchen stattfindet. Die Bevölkerung
kommt dem neuen Institute mit grossen Sympathien entgegen, denn Alle
fühlen, dass diese Anstalt für die Förderung des industriellen Lebens in
Innsbruck von Wichtigkeit zu werden verspricht. Früher hat es dortselbst
eine kunstgewerbliche Abtheilung in der Realschule gegeben, die im hohen
Grade verdienstvoll in ihrer Art gewirkt hat, aber gegenwärtig genügt es
nicht mehr, bloss einen Sonntagscurs abzuhalten, ebensowenig als eine
solche Schule mit einer Realschule verbunden werden kann. Darum ist es
auch vollständig gerechtfertigt gewesen, dass diese Schule in vollster Selbst-
ständigkeit und Unabhängigkeit auftreten kann. Ihre Aufgabe ist in dem
vorhandenen Lehrplane genau präcisirt und der Bote für Tirol und Vorarl-
berg widmet in seiner Nummer vom 6. October der Anstalt einen Artikel,
der geeignet ist, das Publicum über die Aufgaben der Schule zu orientiren.
Er lautet wie folgt:
..Vun der raschen und erfolgreichen Entwicklung der modernen Kunstindustrie in
Oesterreich gaben die letzten grossen Industrie-Ausstellungen ein beredtes Zeugniss; man
sah klar, dass unser Vaterland in die ehrenvolle Lage versetzt sei, die Concurrenz mit
dem Auslande siegreich zu bestehen, und wo dieses Ziel noch nicht vollständig erreicht
schien, sich doch würdig an die Seite ebenbnrtiger Rivalen zu stellen, um mit muthvollem
Herzen den weiteren Ausgang des Kampfes zu erwarten.
Diesen Aufschwung im Kunstgewerbe, dessen national-ökonomische Bedeutung ausser
Frage steht, verdankt Oesterreich vornehmlich der Institution des k. k. Oesterr. Museums
für Kunst und Industrie zu Wien und den daraus hervorgegangenen Kunstgewerbeschulen.
Eine solche Kunstgewerbeschule soll auch die in Innsbruck um die Mitte October I. J.
in Action tretende, mit Lehrmitteln reich dotirte wgewerbliche Zeichen- und Modellir-
schule-r repräsentiren. Sowohl die Staatsregierung, welche diese Anstalt gegründet, als auch
die Stadtgemeinde von Innsbruck scheuen keine Mittel, um diese Schule zweckmassig und
leistungsfähig auszustatten.
Der Zweck dieser Schule, welcher im Programme derselben kurz skizzirt erscheint,
ist die Bildung des Geschmackes und Formensinnes, des richtigen Verständnisses für die
Anwendung von Kunstformen im Gewerbe und schliesslich die Beibringung jener Kennt-
nisse in technischer und künstlerischer Hinsicht, welche den angehenden Gewerbtreibenden
oder auch Künstlern ein selbstständiges Können im Anfertigen von Werkzeich-
nungen, Modellen und Entwürfen für gewerbliche und Kunstge enstände ermöglichen.
Die für die Schule bestellten Fachmänner. als Lehrkra e, werden diesen Zweck
namentlich dadurch zu erreichen trachten, dass sie auf die individuellen Fähigkeiten und