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Auch die Leinweberei zeigte sich mit ihren Damasttüchern noch
völlig unberührt von der Stylreform, während ein (nicht concurrirender)
Aussteller von Tischtüchern, Handtüchern u. s. w. mit farbigen Bordüren
in Handarbeit auf dem besten Wege ist. Im übrigen befindet sich fast alles,
was man Frauenarbeit nennt, noch auf einer Stufe, welche sonst fast überall
verlassen ist. Der über das ganze Land verbreitete Verein mit dem pomp-
haften Namen "Arbeid adelt: hegt nicht allein das allbekannte Unwesen
der Figui-enmalerei mit Kreuzstichen, der Composition von Decken aus
unzähligen Stoffflecken, der Blumenfabrication aus allen unpassenden Ma-
terialien u. s. w., sondern zählt "auch das sogenannte wPostzegelwerku d. i.
Mosaik aus Briefmarken zu Tischplatten, Albumdeckeln u. dgl. m. zu der
wadelnden Arbeite.
An Sammlungen, durch bwelche das Stylgefühl wieder geweckt werden
kann, ist nun im Lande durchaus kein Mangel, wenn auch nur eine ein-
zige mit Rücksicht auf den didaktischen Zweck angelegt ist. Dies ist das
kleine, mit sehr bescheidenen Mitteln wirkende Museum in Haarlem, von
dem Director des dortigen ethnographischen Museums, Herrn van Eeden,
gegründet, welches sich vorderhand gänzlich auf Reproductionen in Gyps
u. s. w. beschränkt. Die übrigen Sammlungen bestehen aus Schatzkammern
der Städte, der Kirchen, Museen der Alterthumsvereine. Die reichsten sind
meines Wissens das ehemals der Gemäldegalerie im Mauritshuis angefügte
vCuriositäten-Cabinetu im Haag, welches jetzt als eigenes Museum etablirt
ist, das Museum des Alterthumsvereins in Amsterdam, und die mittel-
alterliche Sammlung der altkatholischen Kirche in Utrecht. Daneben
linden sich zahlreiche ethnographische Cabinete, welche meist gänzlich
durch Schenkungen entstanden sind und vermehrt werden. Kommen
die Colonien und die weitausgedehnten Handelsverbindungen dem Lande
hierbei im Allgemeinen zu statten, so bleibt doch immerhin beachtens-
werth, dass die holländischen Consuln in überseeischen Ländern es als
ihre Pflicht betrachten, die heimischen Institute mit allen ihnen zugäng-
lichen Merkwürdigkeiten zu beschenken. Jede solche Sammlung enthält
daher eine Menge der schätzbarsten Kunstarbeiten, namentlich asiatischer
Völker, das Museum in Haarlem insbesondere eine ausserordentlich reiche
Collection von javanischen batikkten Stoffen und Musterzeichnungen in
systematischer Ordnung und mit schriftlichen Nachrichten, auf welche sich
eine hoffentlich bald erscheinende Publication über die Entstehung und
die Symbolik des javanischen Ornaments begründen lässt.
Belgien, in quantitativer Beziehung mit in der ersten Reihe stehend,
gab durch seine Objecte kaum zu irgend einer neuen Bemerkung Anlass.
Die nämliche Unselbständigkeit, welche sich in der modernen Architektur
Brüssels ausspricht, fiel auch an den Marmorkaminen und Möbeln aus
Brüssel, Antwerpen u. a. Orten, wie an Silberarbeiten aus Lüttich auf.
Nur einige bronzene Kronleuchter im Styl der niederländischen Renaissance
zeigten ein nicht französisches Gepräge. An den Kaminen von Mignot