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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 150)

94. 
schule beiläufig rnit dem 8. oder 9. Jahre beginnt, so würde damit ein 
doppelter Gewinn erzielt. Denn es würde einerseits ein tüchtiges Schüler- 
material für die Fachschule herangebildet und andererseits den Knaben 
schon in frühen Jahren eine gewisse technische Fertigkeit für ihren künftigen 
Beruf beigebracht werden, die dann dem Lehrling und Gesellen oder auch 
dem Künstler und dem Zögling einer Fachschnle sehr zu Statten kommen 
dürfte. Alle Achtung vor der allgemeinen Bildung; aber es scheint mir, 
dass heutigen Tags die Anforderungen an die allgemeine Bildung zu leicht 
übertrieben werden, und dass jene Anforderungen viel zu gering geschätzt 
werden, welche dem Bedürfnisse des Standes entsprechen, dem sich der 
Knabe" als seinem künftigen Lebensberufe widmen will. ln einzelnen Fällen 
hilft sich der Lehrer selbst, und speciell ist es mir bei Gelegenheit des 
Besuches einer Fachschule vorgekommen, dass der Lehrer instinctiv, 
möchte ich sagen, in das Gebiet der Volksschule übergegritfen, und einen 
gewissen Theil des Volksschulunterrichtes in seine Hände genommen hat, 
gegen das Gesetz oder vielmehr weit über dasselbe hinaus. In dieser 
Schule, es ist eine Holzschnitzschule, sollten Schüler aufgenommen werden, 
die zwar schon r4 Jahre alt waren, jedoch im Zeichnen noch so ungeübt 
gewesen sind, dass sie erst in der Fachschule 2 bis 3 Jahre im Zeichnen 
unterrichtet werden mussten, bevor man daran gehen konnte, dieselben 
im Holzschnitzen zu unterweisen. Der Lehrer der Fachschule fand daher, 
dass nach den localen Verhältnissen die Schule in der Luft stehe, wenn 
dieser Zustand permanent bleiben würde, und er traf ein Uebereinkommen 
mit dem betreffenden Volksschullehrer, der im Zeichnen nicht hinreichend 
geübt war, nach welchem jene Knaben, welche sich für die Fachschule 
vorbereiten wollen, ausser ihrer Schulzeit in der Fachschule im Zeichnen 
unterrichtet werden, natürlicherweise ohne Zwang. Und siehe da, es fanden 
sich 40-50 Knaben, welche jeden Tag 2 bis 3 Stunden freiwillig zeichnen, 
die Herdtlzfschen Vorlagen trefilich benützen, und jene Fertigkeit im 
Zeichnen erwerben, dass sie in die Holzschnitzschule eintreten können. Ich 
bin überzeugt, wenn diese Knaben ein paar Jahre, während sie noch in 
der Volksschule sich befinden, zeichnen, so werden sie auch in der Zeit, 
in welcher der Knabe in die Volksschule geht, zu schnitzen beginnen und 
schon eine gewisse Fertigkeit in die Fachschule oder, wenn er in die Lehre 
geht, in die Werkstatt mitbringen. Der Lehrer hat sich auf diese Art ein 
passendes Schülermaterial geschaffen und sich überdies den Dank der Be- 
völkerung erworben, denn die Eltern sind froh, wenn ihre Jungen, statt 
mlCh der Schule herumzulungern, 2. bis 3 Stunden in der Schule zeichnen. 
Es ist dies ein vereinzelter Fall, doch gibt er einen deutlichen Finger- 
zeig, dass es möglich ist und sich als nützlich erweist, die gewerbliche 
Bildung mit der Volksschule in einen innigen Contact zubringen. Ueberall, 
wo eine l-lausindustrie existirt, wie in Tirol, Böhmen, Salzburg oder in 
Galizien etc., überall wo ein bestimmtes Kleingewerbe zahlreich vertreten 
ist, müsste die elementare gewerbliche Arbeitsschule den Boden für das
	        
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